90 Das Denisqe Reit undb seine einjelnen Glieder. (März 8.)
ganzen südamerikanischen Linie, auf Linien, bei denen es weniger auf
den Verkehr von Schiff zu Schiff als mit andern Nationen ankommt.
Wir können nur wünschen, daß das deutsche System bei recht vielen
Schiffen Aufnahme findet: das wird den erforderlichen Druck ausüben,
daß auch die andern den Widerstand aufgeben. Aber man muß sich hüten,
durch zu starke Betonung des nationalen Systems das Ausland zu Gegen-
maßregeln zu veranlassen. Bei solchen neuen Erfindungen müssen wir
im Interesse unserer Handels- und unserer Kriegsmarine wünschen, daß
alle leistungsfähigen Systeme in Aufnahme kommen. Bei den subventio-
“*t- Dampfern haben wir vorläufig noch gar keine Telefunken ein-
eführt.
6 Gothein (sfrs. Vgg.) beantragt Zurückverweisung des Titels an
die Kommission. Gewiß muß die Post in der Lage sein, selbständig Ver-
träge mit Telegraphengesellschaften usw. zu schließen, aber es hat doch
Bedenken, wenn das Reich auf lange Jahre hinaus an ein Berkehrsunter-
nehmen gebunden ist und derartige Zuschüsse zahlen muß, die in der
Praxis einer Garantie sehr nahe kommen, ohne daß es bei der Ausge-
staltung der Gesellschaft ein Wort mitzusprechen hat. In der Kommission
haben wir die Vorlegung der VBerträge gewünscht. Der Staatssekretär
glaubte sie ohne Zustimmung des andern Kontrahenten nicht mitteilen zu
können; zum mindesten müßte das doch in der Subkommission möglich
sein, und tatsächlich hat auch die Deutsch-Südamerikanische Telegraphen-
gesellschaft keine Bedenken gehabt, viel ausführlichere Mitteilungen, als
wir sie vom Staatssekretär erhalten haben, zu veröffentlichen.
Erzberger (Ztr.): Erst auf dreimalige Anregung von meiner
Seite haben wir vom Staatssekretär strengvertrauliche Mitteilungen er-
halten. Gleich darauf brachte das Berliner Tageblatt ausführlichere Mit-
teilungen von der Gesellschaft. (Zuruf des Abg. Dr. Heckscher.) Ja, ich
kann den Staatssekretär doch nicht zum Reden zwingen, ich kann ihn nur
fragen. Wozu das Mißtrauen? Zum Geldbewilligen sind wir gut genug.
Die Freizügigkeit der Telefunkensysteme besteht jetzt jedenfalls noch nicht.
Der Vertrag mit dem Lloyd läuft 1913 ab, vielleicht achtet der Staats-
sekretär darauf, daß er dann keine Marconistationen einrichtet. Bezüglich
der Verträge hat der Staatssekretär der Form nach recht, aber in Wirk-
lichkeit ist es eine Garantie für Verzinsung und Tilgung. Wir sollten
uns dahin einigen, daß uns alle solche Subventionsverträge vorgelegt
werden, die 100000 Mark übersteigen. Eine Ermäßigung des Beförderungs-
preises für den Postverkehr mit Amerika könnte die Postverwaltung sehr
gut durchsetzen, wenn sie nur den nötigen Druck auf die Dampferlinien
ausübt. Der Staatssekretär der Marine hat das dem Kohlensyndikat
gegenüber getan. In diesem Etatsjahr haben wir dadurch /4 Millionen
gespart, weil er drohte, die Kohle aus dem Auslande zu beziehen. Gegen
die übermächtigen Kapitalistengruppen muß man die schärfsten Maßregeln
anwenden. Sie können sicher sein, Ballin und Wiegand werden nicht
zugeben, daß die deutsche Post auch nur zwei Tage lang auf fremden
ampfern läuft.
Staatssekretär Kraetke: Die Amerikaner haben alle fremden
Dampferlinien zur Verfügung, wir nur die deutschen. England zahlt
seinen Dampferlinien sogar noch mehr als wir. Wollen wir eine gute
Postverbindung haben, dann können wir unsere Gesellschaften nicht zu
sehr drücken.
Erzberger (Ztr.): Amerika befindet sich allerdings in günstigerer
Lage als wir. Aber man muß jede Situation ausnutzen. Mit einem
Verhalten wie das bisherige imponiert man Wiegand und Ballin nicht.