Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

108 Paes Peniste Reith und seine rinzelnen Glieder. (März 22.) 
eine wichtige Bürgschaft für die Rechtssicherheit auf dem Meere in Zeiten 
des Seekriegs gegeben ist. Die Regelung ist erfolgt in gerechter Abwägung 
der Interessen der Kriegführenden und der Neutralen, sowie unter mög- 
licher Berücksichtigung der hochentwickelten Verkehrsverhältnisse der Neuzeit. 
Die Erklärung über das Seekriegsrecht hat die vorbehaltlose Zustimmung 
der Delegationen aller beteiligten Mächte gefunden und ist von der Mehr- 
zahl der bevollmächtigten Delegierten, darunter auch dem deutschen, unter- 
zeichnet worden, während den übrigen Bevollmächtigten die Zeichnung nach 
Artikel 71 der Erklärung bis zum 30. Juni 1909 offen steht. Auf der 
Konferenz waren die verschiedenen politischen, militärischen und wirtschaft- 
lichen Interessen und Anschauungen so vollständig vertreten, daß das Er- 
gebnis über den Kreis der Konferenzteilnehmer hinaus als billiger Aus- 
gleich allseitig anerkannt werden dürfte. Es besteht daher die Hoffnung, 
daß die vorliegende Erklärung auch von den übrigen Mächten in Aus- 
übung der ihnen im Artikel 70 a. a. O. ausdrücklich vorbehaltenen Befugnis 
angenommen und somit zum allgemeinen Weltrecht erhoben werden wird. 
Das der Konferenz von der englischen Regierung vorgelegte Pro- 
gramm hatte folgenden Wortlaut: 
a) Konterbande, mit Einschluß der Umstände, unter denen die ver- 
schiedenen Gegenstände als Konterbande angesehen werden können, der 
Strafen für ihre Beförderung, der Befreiung eines unter Geleit befind- 
lichen Schiffes von der Durchsuchung sowie der Regeln über Schadenersatz, 
wenn sich nach Beschlagnahme der Schiffe ergibt, daß sie tatsächlich nur 
unschuldige Ladung befördert haben; b) Blockade, mit Einschluß der Frage, 
an welchem Orte die Beschlagnahme erfolgen kann, sowie der Bekannt- 
gabe, die erforderlich ist, bevor ein Schiff beschlagnahmt werden kann; 
c) die Lehre von der einheitlichen Reise (voyage continu) in Ansehung 
sowohl der Konterbande wie der Blockade, d) die Rechtmäßigkeit der Zer- 
störung neutraler Schiffe vor ihrer Aburteilung durch ein Prisengericht, 
e) die Regeln in betreff neutraler Schiffe oder Personen, die neutralitäts- 
widrige Dienste (assistance hostile) leisten, f) die Rechtmäßigkeit der Um- 
wandlung eines Kauffahrteischiffes in ein Kriegsschiff auf hoher See, 
8) die Regeln in betreff des Ueberganges von Kauffahrteischiffen von einer 
kriegführenden zu einer neutralen Flagge während der Dauer oder in 
Voraussicht von Feindseligkeiten, h) die Frage, ob die Staatsangehörigkeit 
oder der Wohnsitz des Eigentümers bei der Entscheidung, ob das Eigen- 
tum feindliches Eigentum ist, als das ausschlaggebende Merkmal angesehen 
werden soll. 
Alle diese Punkte sind in eingehender Weise verhandelt worden, und 
zwar unter dem Gesichtspunkte, daß eine größere Rechtssicherheit und eine 
größere Freiheit des neutralen Handels in Kriegszeiten erreicht werden 
solle. So ist z. B. festgelegt worden (Artikel 17), daß die Beschlagnahme 
nur innerhalb des Aktionsbereiches der Kriegsschiffe stattfinden darf, die 
beauftragt sind, die tatsächliche Wirksamkeit der Blockade sicherzustellen, 
während früher diese Beschlagnahme überall erfolgen konnte. Ebenso ist 
festgestellt, daß ein Blockadebruch nicht anzunehmen ist, wenn der Be- 
frachter zur Zeit der Verladung der Ware die Absicht des Blockadebruches 
weder gekannt hat noch kennen konnte. Es ist unter solchen Umständen 
jetzt einem mit Kriegskonterbande beladenen Schiffe, das beim Auslaufen 
noch nichts von der Blockade wußte, möglich, noch während der Fahrt, 
wenn es von der Blockade erfährt, umzukehren, ohne daß es deshalb an- 
ehalten werden könnte. Von großer Wichtigkeit ist, daß der Begriff der 
Kriegskonterbande ganz genau und im einzelnen festgestellt wurde, welche 
Gegenstände sowohl als absolute wie als relative Kriegskonterbande gelten,
	        
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