Das Neutfsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 16. 17.) 133
16. April. (Deutsche Schutzgebiete.) Flugschrift des
kolonial-wirtschaftlichen Komitees über die „Aussichten für den
Bergbau in den deutschen Kolonien“.
Die Flugschrift enthält eine Aufforderung an deutsche Prospektoren
zur Betätigung in unsern Kolonien. Die Schrift will vor allem dem
Umstande entgegenwirken, daß die Prospektorentätigkeit in unseren Ko-
lonien mehr durch fremdländische, oft auch vaterlandslose Prospektoren,
anstatt durch deutsche Staatsangehörige ausgeübt wird. Zu diesem Zwecke
teilt das Komitee im Vorwort mit, daß an gut empfohlene deutsche
Prospektoren die Kosten der Seereise zweiter Klasse nach einem Hafen
einer deutschen Kolonie auf Antrag durch das Komitee bewilligt werden
önnen.
17. April. Das im Aegäischen Meere befindliche Stations-
schiff „Lorelei“ erhält Befehl zum Schutz der deutschen Interessen
nach Merfina zu fahren.
17. April. (Baden.) Nach Scheitern der Einigungsverhand-
lungen des Großblocks kommt zwischen den Demokraten und Frei-
finnigen ein Teilblockabkommen zustande.
Es wird nach der Hauptwahl auf Grund der dann vorliegenden
Ergebnisse für die Stichwahl ein Zusammengehen mit der nationalliberalen
Partei in Aussicht genommen.
17. April. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht das Wein-
gesetz mit Datum vom 7. April und den Beschluß des Bundes-
rats vom 25. Februar über die Satzungen der Deutschen Kolonial-=
gesellschaft für die „Diamantregie des südwestafrikanischen
Schutzgebietes“.
17. April. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt
in ihrem Rückblick über die Reichsfinanzreform:
Die starke und ursprünglich aus dem Volk und aus den Wählern
hervorgehende Bewegung ist ein großer ungewöhnlicher Vorgang. Er
beweist, daß das deutsche Bolk über die ihm im vorigen Jahre mit
Recht vorgeworfene Steuerscheu hinweggekommen, und daß die Einsicht
in die staatlichen Notwendigkeiten in beständigem Fortschritt begriffen
ist. Die Vertreter des Volkes aber haben sich davon überzeugen müssen,
daß vor den Wählern nicht derjenige am besten bestehen wird, der
die meisten Steuern abgelehnt, sondern der das Meiste zum Zustande-
kommen der Finanzreform beigetragen hat. Heute dürfen wir hoffen,
daß von dieser Ueberzeugung die Arbeiten der Finanzkommission und
des Reichstages in den bevorstehenden entscheidungsreichen Monaten ge-
tragen sein werden. Insbesondere hat die Erbanfallsteuer in immer
wachsendem Maße bei allen Volksschichten Freunde gewonnen, und sicht-
lich hat auch der Widerstand gegen diese Form der Besitzbesteuerung an
Kraft erheblich eingebüßt. Insbesondere in der Erkenntnis der staats-
rechtlichen, wie finanziellen Undurchführbarkeit des letzten Besitzsteuer-
kompromisses haben politische und wirtschaftliche Berbände von Bedeutung
ihren Einfluß zugunsten einer erweiterten Erbschaftsbesteuerung geltend
gemacht.