Des Beufsoe Reich und seinr eintelnen Glieder. (Mai 18. 19.) 175
18. Mai. (Reichstag.) Zweite Beratung der Uebersicht der
Einnahmen und Ausgaben des ostafrikanischen und südwestafrika-
nischen Schutzgebietes für 1902.
Die Kommission beantragt die nachgewiesenen Etatsüberschreitungen
und außeretatsmäßigen Ausgaben zu genehmigen, zwei Titel aber zu be-
anstanden, nämlich 192800 Mark für den Bau einer Helling nebst an-
schließender Ufermauer und 127400 Mark für die Herstellung eines
Molenquerarms im Hafen von Swakopmund.
Der Antrag wird einstimmig angenommen.
18. Mai. (Reichstag.) Die Finanz- und Steuerkommission
wählt den konservativen Abgeordneten Freiherrn v. Richthofen an
Stelle des zurückgetretenen Dr. Paasche zum Vorsitzenden.
18. Mai. In der Finanzkommission legt der neue Vorsitzende
Abg. v. Richthofen einen Gesetzentwurf über einen Wertpapier-
(Kotierungssteuer), Wertzuwachs- und Umsatz-Stempel vor.
Mitte Mai. (Reichstag.) Kommission für das Reichs-
besoldungsgesetz
Die Leutnants und Oberleutnants werden mit ihren Gehalts-
bezügen günstiger gestellt als es in der Regierungsvorlage vorgesehen war.
Statt der vorgeschlagenen drei Gehaltsstufen sollen fünf in dreijähriger
Steigerung zu 1500, 1700, 1900, 2100 und 2400 Mark eingeführt werden.
Die höchste Gehaltsstufe wird dadurch vom zwölften Jahre an erreicht.
Die Hauptleute sollen vom 1. bis 4. Jahre ein Gehalt von 3400 Mark,
vom 5. bis 8. Jahre von 4600 Mark und vom neunten Jahre ab 5100
Mark erhalten. Hiernach würden die Hauptleute der nichtpreußischen
Kontingente, die bessere Beförderungsverhältnisse aufzuweisen haben, einen
Nachteil insofern erleiden, als diese Offiziere vielfach schon nach drei Jahren
in den Bezug des Gehaltes von 4600 Mark gelangt sind.
19. Mai. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Wahl-
prüfungen.
Die Wahlen der vier Berliner sozialdemokratischen Abgeordneten
werden entsprechend dem Antrag der Wahlprüfungskommission mit großer
Mehrheit für ungültig erklärt, weil die Wählerlisten zum Teil nach der
Beranlagung von 1907, zum andern Teil nach der von 1908 aufgestellt
waren.
19. Mai. (Reichstag.) In der Finanzkommission bringen
die Nationalliberalen folgende Resolution ein:
· Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu er-
suchen, baldmöglichst eine Novelle zum Erbschaftssteuergesetze vom 3. Juni
1906 zur Vorlage zu bringen, welche nach folgenden Gesichtspunkten aus-
zuarbeiten ist:
1. Die Erbschaftssteuer wird ausgedehnt auf a) Ehegatten ohne
emeinschaftliche Abkömmlinge, b) eheliche oder denen rechtlich gleich-
ehende sowie eingekindschaftete Kinder, c) uneheliche Kinder hinsichtlich
des mütterlichen Vermögens und d) auf Nachkommen der unter b) und
) aufgeführten Kategorien.
2. Die Steuersätze für die unter 1 aufgeführten Steuerpflichtigen
sind progressiv zu gestalten; kleinere Vermögen bleiben steuerfrei.