NMebersicht iher die politische Eatwichelns des Jahrer 1909. 689
reitstellung von rund 500 Millionen Mark jährlich, damit für den
1913 zu erreichenden Beharrungszustand das Gleichgewicht von
Einnahmen und Ausgaben ohne Vermehrung der Reichsschulden zu
erwarten sei.
Der Vorschlag der Regierung ging auf Erhöhung der Ma-
trikularbeiträge auf 80 Pfennig pro Kopf der Bevölkerung, also
auf 48⅛ Millionen Mark und auf neue reichseigene Steuern aus
sieben verschiedenen Quellen: aus Erbschaften 92 Millionen, aus
Branntwein 100 Millionen, aus Bier 100 Millionen, aus Tabak
77 Millionen, aus Wein 20 Millionen, aus Elektrizität und Gas
50 Millionen, aus Anzeigen 33 Millionen Mark. Auf die Heran-
ziehung des Besitzes zu nicht abwälzbarer (direkter) Besteuerung
wurde aus sozialpolitischen Gründen in allen Auslassungen der
Regierung der größte Nachdruck gelegt; als geeignete Form wurde
nach englischem Vorbild die Nachlaßsteuer zugrunde gelegt. Diese
oder eine ähnliche Vermögenssteuer wurde von der Linken als Vor-
bedingung der Bewilligung der um vieles höheren Aufwandsteuern
gemacht. Dagegen erklärten sich die Konservativen und das Zen-
trum gegen eine „die Familie im schlimmsten Moment treffende“
Steuer. Da gegen die Vorschläge der Nationalliberalen und Frei-
finnigen für eine Reichsvermögenssteuer sowohl der Reichsschatz-
sekretär wie die in der Kommission anwesenden Finanzminister der
Bundesstaaten energisch protestierten, so kam es bis zum 9. Februar
zu keinem positiven Fortschritt in den Kommissionsberatungen.
Deshalb wurde eine Subkommission eingesetzt, die mit Benützung
der Anträge der Liberalen auf eine Vermögenssteuer für das Reich
und der Reichspartei auf eine „Veredlung“ der Matrikularbei-
träge, die nicht mehr nach der Kopfzahl, sondern nach der Wohl-
habenheit auf die Bundesstaaten verteilt werden sollten, einen Ersatz
für die Nachlaßsteuer finden sollte. Das Resultat, das diese Unter-
kommission am 25. Februar der Hauptkommission vorlegte, war
höchst kläglich. Es waren alle gemachten Anträge abgelehnt worden.
Eine „starke Minderheit“ einigte sich nur auf den „unverbindlichen
Vorschlag“" einer Besteuerung des Besitzes vom 1. Januar 1911 an
bis zur Höhe von 150 Millionen Mark durch die Einzelstaaten,
die vierteljährlich die nach der Kopfzahl auf sie entfallende Quote
Europeischer Geschichtskalender. I.. 44