Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Netersicht über die politische Entwicheinms des Jahres 1909. 717 
Teheran ein und setzten den in die rusffische Gesandtschaft geflüch- 
teten Schah ab (16. Juli). Mit Hilfe Englands und Rußlands 
wird der Ex--Schah veranlaßt, gegen eine Pension sein Land zu 
verlassen und in Odessa Aufenthalt zu nehmen. Auch Perfien hatte 
am 15. November ein Parlament. 
In China brachte der Anfang des Jahres den plötzlichen 
Sturz des Leiters der gemäßigten Reformpartei YDuan Shikai und 
eine Reaktion zugunsten der Privilegien der Mandschu. Für aus- 
wärtige Angelegenheiten wurde der in Amerika gebildete Liang 
Tungen sein Nachfolger. Wider Erwarten blieb die Richtung der 
allgemeinen Politik fast unverändert. Verwaltungsreformen, Eisen- 
bahnbauten, Bekämpfung des Opiumrauchens und die Wieder- 
gewinnung der Souveränitätsrechte in der Mandschurei bleiben im 
Vordergrunde des Interesses. Ueber die Abgrenzungen der Rechte 
Japans und Rußlands in der Mandschurei kam es zu Verhand- 
lungen, deren erstes Resultat, das ruffisch-chinesische Abkommen 
vom 11. Mai, den Widerspruch Großbritanniens, Oesterreich-Un- 
garns und der Vereinigten Staaten hervorrief, weil die Privilegien 
der Fremden darin nicht respektiert waren (S. 674). Japan setzte 
seine Forderungen an China schließlich durch ein Ultimatum durch. 
Aber die Vereinigten Staaten bedrohen die Vorzugsstellung beider 
Vertragsmächte von Portsmouth durch Vorschläge, die das Monopol 
der bestehenden Bahnen in der Mandschurei beseitigen wollen. Eine 
Rückenstärkung der Regierung in Peking und eine unerwartete 
Interessengemeinschaft von Rußland und Japan China gegenüber 
ist die Folge davon. Die Verständigung zwischen Japan und den 
Vereinigten Staaten vom November 1908 durch identische Noten 
über die Prinzipien der ostafiatischen Handelsfreiheit hat also eine 
peinliche Meinungsverschiedenheit über vertragsmäßig erworbene 
Sonderrechte in der Mandschurei nicht verhindern können. 
Japan hat auf dem Wege finanzieller Erstarkung und poli- 
tischer Vorherrschaft in Korea weitere Fortschritte gemacht. Es 
konnte durch Einschränkung seiner Ausgaben für Heer und Flotte 
die Amortisation der Kriegsschuld beschleunigen, die Beamtengehälter 
erhöhen und die Steuerlast ein wenig erleichtern. Durch die Ueber- 
tragung der koreanischen Gerichtshoheit auf Japan und Beseitigung
	        
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