Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

80 Das Denisqe Reit und seine eim'einen Glieder. (März 3.) 
ist die Freiheit des Kultus gewährleistet. Diese freie Ausübung der 
Religion ist durch das deutsche Schutzgebietsgesetz bestätigt worden. Die 
Missionen unterliegen also keinen gesetzlichen Beschränkungen. Nichtsdesto- 
weniger haben wir uns immer mit den Missionen dahin verständigt, daß 
sie ihre Tätigkeit nach gefährlichen Gebieten erst dann verlegten, wenn die 
nötigen Schutzmaßregeln getroffen waren. Diese Regelung entspricht wohl 
allen berechtigten Wünschen. Ich möchte auch den Wunsch äußern, daß 
die Missionen möglichst danach hinarbeiten, sich gegenseitig keine Konkurrenz 
zu machen, daß sie territoriale Vereinbarungen über ihren Wirkungskreis 
treffen. Es sind schon solche Bestrebungen im Gange. Irgendwelche Ab- 
machungen sind aber noch nicht getroffen worden. Auch wir halten die 
Christianisierung der Kolonien für ein erstrebenswertes Ziel. Am besten 
wird es aber gefördert werden, wenn die Missionare gegenseitig im 
Frieden leben. 
Zur Frage des Schutzes der dem Aussterben nahen Gorillas 
bemerkt der Staatssekretär: Ich weise darauf hin, daß nach einer Ver- 
ordnung des Gouverneurs die Jagd auf Gorillas weiter verboten ist. Nur 
zu wissenschaftlichen Zwecken können diese Tiere nach vorher beim Gou- 
verneur eingeholter Erlaubnis erlegt werden. 
3. März. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Auf die 
verunglückten Versuche, Berlins Vororte der Hauptstadt ein- 
zugemeinden, gibt der Minister des Innern v. Moltke bei der Be- 
ratung seines Etats einen Rückblick: . 
Im Jahre 1875 wurde dem Hause von der Regierung eine Vorlage 
unterbreitet, welche Berlin mit einer Reihe umliegender Orte zu einer be- 
sondern Provinz vereinigen wollte. Die Vorlage wurde einer Kommission 
überwiesen, aus der sie nicht wieder herauskam. In der im gleichen Jahre 
erlassenen Provinzialordnung wurde in betriff der Bildung einer besondern 
Provinz Berlin noch ein Vorbehalt gemacht. Ein zweiter Entwurf der 
Regierung zur Bildung einer besondern Provinz Berlin im Jahre 1876 
blieb ebenfalls in der Kommission stecken. 1880 wurde dann auch der 
Vorbehalt der Provinzialordnung aufgehoben und damit war der Gedanke 
der Bildung einer Provinz Berlin endgültig zu Grabe getragen. 1891 
bis 1896 beschäftigte man sich dann mit dem Plane einer Bildung von 
Großberlin durch Eingemeindung der Vororte. Kreistag, Provinzialland- 
tag, Polizeipräsidium und Oberpräsidium waren sich darüber einig. Auf 
diesen Plan ging aber die Stadt Berlin selbst nicht ein, trotzdem auch der 
Minister Graf Eulenburg dafür eintrat. Die Vertreter der Stadt sprachen 
von ungeheuren finanziellen Opfern, die Berlin zugemutet würden, während 
das eigene Interesse Berlins nur in geringem Maße nachweisbar sei. 
(Hört, hört! rechts.) 1893 wollte der Magistrat überhaupt nur eine Grenz- 
regulierung, 1896 lehnte Berlin es ab, die nördlichen Gemeinden mit 
aufzunehmen. (Hört, hört!l rechts.) 
Inzwischen waren Rixdorf, Schöneberg, Wilmersdorf, Lichtenberg 
selbständige Stadtgemeinden geworden, und der Gedanke, ein Großberlin 
lediglich durch administrative Einrichtungen zu schaffen, trat in den Vorder- 
grund und ist bis heute weiter verfolgt worden. 1905 wurde der Ober- 
bürgermeister von Berlin aufgefordert, Vorschläge in dieser Richtung zu 
machen und dabei von dem Plane der Provinz und der Eingemeindung 
vollständig abzusehen. Der Oberbürgermeister hielt die Bildung von Zweck- 
verbänden der Erörterung für wert, meinte aber, daß es ersprießlicher 
wäre, auf den Eingemeindungsgedanken zurückzukommen. Ein Verbot an
	        
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