602 Anhang I.
und Versorgungshäuser. In der Diskussion unterstützt Lic. Bohn die Aus-
führungen Wageners, während Rechtspraktikant Dr. Homburger die Ein-
seitigkeit Wageners beanstandet und auf die Nachteile hinweist, die durch
Aufhebung der Bordelle entstünden. Er verweist auf die Ausführungen
hervorragender Redner auf dem Kongreß zur Bekämpfung der Geschlechts-
krankheiten. Mit diesen Ausführungen rief er bei den nachfolgenden
Rednerinnen heftigen Widerspruch hervor, die rücksichtslose Bekämpfung
der Kasernierung und Reglementierung der Prostitution verlangen. Der
praktische Arzt Dr. Paul (Karlsruhe) spricht vermittelnd und verweist auf die
Auftlärung der reiferen Jugend als Hauptmittel zur Hebung der Sittlichkeit.
9. —10. Oktober. (Köln.) Siebenter internationaler Kongreß
für Kriminal-Anthropologie.
Nach einem Vortrag von Enrico Ferri wird folgende Resolution
angenommen: „Der Kongreß erklärt nach der Diskussion über die vor-
läufigen Entwürfe der Strafgesetzbücher in der Schweiz, in Deutschland und
Oesterreich mit Genugtuung, daß diese gesetzgeberischen Leistungen bemerkens-
werte Versuche einer systematischen Anwendung von Sätzen darstellen, welche
die Kriminal-Anthropologie und Kriminal-Soziologie für die soziale Ab-
wehr des Verbrechertums aufgestellt hat.“
9.—13. Oktober. (Paris.) Beschlüsse des zehnten inter-
nationalen Schiffahrtskongresses:
Der Reeder hat sein Schiff in seetüchtigen Zustand zu stellen. Der
Begriff der Seetüchtigkeit wird in jedem einzelnen Lande gesetzlich fest-
gestellt. Der Kongreß stellt die alleinige Verantwortlichkeit des Eigentümers
des Schiffes für nautische Fehler des Kapitäns und der Schiffsbesatzung,
sowie die solidarische Verantwortlichkeit des Eigentümers und des Ver-
frachters für kommerzielle Fehler des Kapitäns und der Besatzung fest.
14. Oktober. (München.) Hauptversammlung des mittel-
europäischen Wirtschaftsvereins.
Vizepräsident Geh. Rat Professor Dr. Julius Wolf (Breslau:
Das wirtschaftspolitische Verhältnis wird heute beherrscht durch die wirtschaft-
liche Uebermacht einiger Staaten. Diese Bestrebungen werden gekennzeichnet
durch die Schlagworte: „Größer-Britannien und Panamerika“. Gegen diese
Strömungen muß Mitteleuropa sich durch Schaffung einer wirtschaftlichen
Allianz der mitteleuropäischen Staaten wehren. In Amerika gilt es für
uns, gegenüber der amerikanischen Gefahr gerüstet zu sein, das können wir
nur durch die Herabsetzung der Produktionskosten und indem wir uns
handelspolitisch eine Sicherung schaffen durch einen möglichst großen, festen
Inlandsmarkt. Als eine wichtige Aufgabe betrachten wir eine bessere
Organisation der Saisonarbeiterwanderung vom Osten her.
Prinz Ludwig von Bayern spricht als Ehrengast beim Festmahl
für die Hebung des Schiffahrtsverkehrs auf der Donau.
26. Oktober. (Brüssel.) Tagung der permanenten Kom-
mission der Zuckerkonferenz.
Rußland wünscht das ihm im Protokoll von 1907 zugebilligte
Ausfuhrkontingent von 200000 auf 400000 Tonnen zu erhöhen.
7. November. (Paris.) Internationale Sanitäts-Konferenz.
Vorsitzender wird der französische Botschafter in Rom Barere.
8. November. (Paris.) Ein spanisch-französischer Geheim-
vertrag vom 3. Oktober 1904.