Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenundzwanzigster Jahrgang. 1911. (52)

Anhang II. 
Das Maroklo-Abkommen. 
Amtlicher Wortlaut. 
J. 
Dentsqh·franzäsisches Abkemmen beir. Mareklo. 
Die Kaiserlich Deutsche Regierung und die Regierung der Französischen 
Republik haben infolge der in Marokko entstandenen Unruhen, die die Not- 
wendigkeit erwiesen haben, dort im allgemeinen Interesse das in der 
Algeciras-Akte vorgesehene Werk des ruhigen Fortschritts zu fördern, es für 
notwendig erachtet, das deutsch-französische Abkommen vom 9. Februar 1909 
u erläutern und zu ergänzen. Sie haben sich daher über einen neuen 
ertrag geeinigt. Infolgedessen haben Herr v. Kiderlen-Wächter, Staats- 
sekretär des Auswärtigen Amts des Deutschen Reichs, und Herr Jules 
Cambon, außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Französischen 
Republik bei Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, sich ihre Vollmachten, 
die gut und richtig befunden worden sind, mitgeteilt und nachstehende Ver- 
einbarungen getroffen: 
Artikel 1. Die Kaiserlich Deutsche Regierung erklärt, daß, da sie 
in Marokko nur wirtschaftliche Interessen verfolgt, sie Frankreich nicht in 
seinem Vorhaben hindern wird, die Marokkanische Regierung bei der 
Einführung aller derjenigen administrativen, gerichtlichen, wirtschaftlichen, 
finanziellen und militärischen Reformen zu unterstützen, die zu einer guten 
Regierung des Reichs erforderlich sind. Das gleiche gilt für alle neuen 
Verordnungen oder Veränderungen bestehender Verordnungen, die diese 
Reformen mit sich bringen. Demgemäß gibt die Kaiserlich Deutsche 
Regierung ihre Zustimmung zu Maßnahmen, welche die Französische 
Regierung nach Einigung mit der Marokkanischen Regierung auf dem 
Gebiete der Reorganisation, Ueberwachung und finanziellen Sicherstellung 
ergreifen zu müssen glaubt, unter dem Vorbehalte, daß das Vorgehen 
Frankreichs die wirtschaftliche Gleichberechtigung der Nationen unangetastet 
läßt. Für den Fall, daß Frankreich sich veranlaßt sehen sollte, seine Kon- 
trolle und seinen Schutz schärfer zum Ausdruck zu bringen und aus- 
zudehnen, wird die Kaiserlich Deutsche Regierung in Anerkennung der 
vollen Aktionsfreiheit Frankreichs und unter dem Vorbehalte, daß die 
in den früheren Verträgen vorgesehene Handelsfreiheit aufrecht erhalten 
bleibt, dem kein Hindernis in den Weg legen. Es versteht sich, daß die 
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