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Rechte und der Wirkungskreis der marokkanischen Staatsbank, wie sie in der
Algecirasakte festgesetzt sind, in keiner Weise beeinträchtigt werden sollen.
Artikel 2. In diesem Sinne herrscht Einverständnis darüber, daß
die Kaiserliche Regierung keinen Einwand dagegen erheben wird, wenn
Frankreich nach Verständigung mit der Marokkanischen Regierung zu den-
jenigen militärischen Besetzungen marokkanischen Gebiets schreitet, die es
für die Aufrechterhaltung der Ordnung und der Sicherheit des Handels-
für notwendig erachten sollte. Das gleiche gilt für alle polizeilichen Maß-
nahmen zu Lande und in den marokkanischen Gewässern.
Artikel 3. Für den Fall, daß Seine Majestät der Sultan von
Marokko den diplomatischen und konsularischen Beamten Frankreichs die
Vertretung und den Schutz der marokkanischen Untertanen und Interessen
im Ausland anvertrauen sollte, erklärt die Kaiserliche Regierung schon
jetzt, daß sie dagegen keinen Einwand erheben wird. Wenn andererseits
Seine Majestät der Sultan von Marokko dem Vertreter Frankreichs bei der
Marokkanischen Regierung die Aufgabe übertragen sollte, sein Vermittler
gegenüber den fremden Vertretern zu sein, würde die deutsche Regierung
dagegen keinen Einwand erheben.
Artikel 4. Die Französische Regierung erklärt, daß sie, entschlossen,
unverbrüchlich an dem Grundsatz der Handelsfreiheit in Marokko fest-
zuhalten, keinerlei ungleichmäßige Behandlung bei der Einführung von
Zöllen, Steuern und anderen Abgaben, noch bei der Festsetzung der Tarife
für Transporte auf Eisenbahnen, Flußschiffahrts- oder allen anderen Ver-
kehrswegen, ebensowenig wie in allen Fragen des Durchgangsverkehrs, zulassen
wird. Desgleichen wird sich die Kaiserliche Regierung bei der Marokkanischen
Regierung dafür verwenden, daß jede unterschiedliche Behandlung von An-
gehörigen der verschiedenen Mächte vermieden wird; sie wird sich nament-
lich jeder Maßnahme widersetzen, die, wie z. B. der Erlaß administrativer
Verordnungen, betreffend en und Gewicht, Eichverfahren, Punzierung von
Edelmetallwaren usw. , die Waren eines Staates in ihrer Konkurrenz-
fähigkeit beeinträchtigen könnten. Die Französische Regierung verpflichtet
sich, ihren Einfluß auf die Staatsbank dahin geltend zu machen, daß
diese der Reihe nach den Mitgliedern ihrer Direktion in Tanger die Posten
eines Delegierten überträgt, über die sie bei der „commission des valeurs
douanières“ und dem „comité permanent des douanes“ verfügt.
Artikel 5. Die Französische Regierung wird dafür sorgen, daß in
Marokko keinerlei Ausfuhrabgaben für die aus marokkanischen Häfen aus-
geführten Eisenerze erhoben werden. Eisenerzbergwerke haben weder für
Förderung noch für Betriebsmittel irgendeine besondere Abgabe zu tragen.
Sie werden, außer den allgemeinen Steuern, nur eine nach Hektar und Jahr
berechnete feste Abgabe und eine Steuer nach Maßgabe des Bruttoertrags
entrichten. Diese Abgaben, die den Vorschriften der Artikel 35 und 49 des
dem Protokoll der Pariser Konferenz vom 7. Juni 1910 angeschlossenen
Berggesetzentwurfs zu entsprechen haben, sind in gleicher Weise von allen
Bergwerksunternehmungen zu tragen. Die Französische Regierung wird dafür
sorgen, daß die Bergwerksabgaben regelmäßig erhoben werden, ohne daß
ein ganzer oder teilweiser Nachlaß dieser Abgaben, unter welchem Vorwand
auch immer zugunsten einzelner bewilligt werden könnte.
Artikel 6. Die Regierung der Französischen Republik verpflichtet sich,
dafür zu sorgen, daß die Arbeiten und Lieferungen, die für den etwaigen
Bau von Straßen, Eisenbahnen, Häfen, Telegraphenleitungen usw.
benötigt werden, durch die Marokkanische Regierung auf dem Submissions-
weg vergeben werden. Sie verpflichtet sich ferner, dafür zu sorgen, daß
die Submissionsbedingungen, besonders was die Materiallieferung und die