Das Derisqhe Reit und seine einzelnen Glieder. (Januar 23.—25.) 33
Abg. Zürn (Rp.): Ueber einige Forderungen der sozialdemokratischen
Partei läßt sich reden, z. B. über die Einrichtung eines Reichsschul-
museums. Ich würde eine solche Einrichtung für durchaus empfehlens-
wert halten und für der Sache förderlich.
23. Jannar. (Sachsen-RKoburg-Gotha.) Vertretung der
thüringischen Staaten im Bundesrat.
Der gemeinschaftliche Landtag der Herzogtümer Koburg und Gotha
stimmt einer Regierungsvorlage auf Schaffung einer gemeinsamen Ver-
tretung der thüringischen Staaten im Bundesrate zu. Nach dem durch
diesen Landtagsbeschluß genehmigten Vertrage werden das Großherzogtum
Sachsen-Weimar, die Herzogtümer Altenburg und Koburg-Gotha sowie die
Fürstentümer Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß
altere und jüngere Linie nur noch einen gemeinschaftlichen stellvertretenden
Bevollmächtigten beim Bundesrat haben. Für diesen Posten ist Geheimer
Staatsrat Paulsen aus Weimar in Aussicht genommen. Das Herzogtum
Meiningen hat sich von diesem Vertrag ausgeschlossen. Es beabsichtigt, die
stellvertretende Wahrnehmung seiner Interessen im Bundesrat dem baye-
rischen Bevollmachtigten zu übertragen.
B. Januar. (Elsaß-Lothringen.) Der „Sonvenir Alsucien-
Lorrain"“ wird aufgelöst, weil er die Tendenzen des „Souvenir
Français" übernommen hat.
25. Januar. (Preußen.) Der „Reichs= und Staatsanzeiger“
veroffentlicht den Entwurf eines Wohnungsgesetzes in fünf Artikeln,
durch die das „Gesetz betreffend die Anlegung und Veränderung
von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften“
vom 2. Juli 1857 abgeändert werden soll.
Aus der Begründung: „Ein erheblicher Teil der Bevölkerung wohnt
in Raumen, die aufs äußerste beschränkt und von denjenigen anderer Haus-
haltungen nicht in einer den Anforderungen des Familienlebens und der
Hyngiene entsprechenden Weise getreunt sind. Die Kleinwohnungen sind
vielfach nach Lage oder baulicher Beschaffenheit unbefriedigend, zum Teil
in gesundheitlicher Beziehung zum dauernden Aufenthalt von Menschen
überhaupt nicht geeignet. Dabei sind die Wohnungen zum erheblichen
Teil überfüllt, auch werden in ihnen zugleich vielfach in weitgehendem
Maße noch fremde, nicht zur Familie gehörige Personen untergebracht, so
daß weder den Rücksichten der Gesundheit und der Sittlichkeit, noch dem
Erfordernis der Aufrechterhaltung des Familienlebens in ausreichender
Weise Rechnung getragen ist. Die Zahl der jeweilig leerstehenden Klein:
wohnungen, von denen ein gewisses Mindestmaß wenigstens in größeren
Gemeinden zur regelrechten Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses und
zur Verhütung von Wohnungsmangel erfahrungsgemäß erforderlich ist,
#inkt in vielen Orten oft längere Zeit hindurch oder in häufiger Wieder-
kehr unter dieses Mindestmaß, und die Mietpreise stehen in zahlreichen
Fallen nicht im Verhältnis zu dem Einkommen der lohnarbeitenden Be
völkerungskreise. Die Herstellung kleinerer gesunder Wohnungen hält nicht
Schrut mit der Bevölkerungszunahme. Aeltere Häuser mit billigeren Woh-
nungen werden niedergerissen, während die infolge ungesunder Spekulation
gzekommene Teuerung des Bodens und des Banens die Mieten in den
neueren Häusern erheblich verteuert. Dadurch wird die ärmere Bevölkerung
Europäischer Geschichtskalender. LIvV. 3