Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Spanien. (Oktober 20.—.29.) 489 
„Wir vereinigen uns, um Eurer Majestät dafür zu danken, daß Sie 
den „Invincible“ in die Gewässer von Cartagena entsandt haben. Wir 
freuten uns sehr, dieses schöne Panzerschiff miteinander besuchen zu können. 
Wir bitten Eure Moajestät, von neuem die Versicherung unserer herzlichen 
Freundschaft entgegenzunehmen.“ 
20. Oktober. (Madrid.) Der Berliner Orientalist Yahuda, 
Dozent an der dortigen Lehranstalt für die Wissenschaft des Juden- 
tums, wurde durch königliches Dekret mit der Abhaltung von Vor- 
trägen und Ubungen über „Hebraica“, besonders spanischer Art, 
beauftragt. 
Diese Veranstaltung, die in politischen und Gelehrtenkreisen großen 
Sympathien begegnet, hat zunächst die marokkanischen Juden im Auge, 
doch ist sie auch bedeutsam als erste amtliche Kundgebung des Interesses 
für das Judentum seit der Vertreibung der Juden aus Spanien. 
25. Oktober. Das Vertrauensvotum wurde im Senat mit 
106 Stimmen der Konservativen und dissidenten Liberalen gegen 
101 Stimmen abgelehnt, so daß das Ministerium Romanones ge- 
stürzt ist. 
27. Oktober. Neues Ministerium des ehemaligen Kammer- 
präsidenten Dato, Führers des linken Flügels der Konservativen, 
der nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten Romanones von 
König Alfons mit der Kabinettsbildung betraut wurde: 
Vorsitz: Dato; Inneres: Sanchez Guerra; Auswärtiges: Marquis 
Lema; Krieg: Echague; Marine: Angel Miranda; Finanzen: Bugallal: 
Oeffentliche Arbeiten: Vadillo; Unterricht: Bergamin; Justiz: Ugarte. 
28. Oktober. Graf Romanones, der zurückgetretene liberale 
Kabinettschef, hat dem neuen Ministerpräsidenten Dato seine Unter- 
stützung zugesagt. Das neue Kabinett enthält neben dem harm- 
los klerikalen Justizminister Vadillo Elemente der modernsten Rich- 
tung. Auch die liberalen Dissidenten von der Marke Garcia Prietos 
nehmen ihm gegenüber eine wohlwollende Haltung ein. Desgleichen 
steht man in Arbeiterkreisen Dato wegen seiner fortschrittlichen 
sozialpolitischen Aussichten sympathisch gegenüber. 
29. Oktober. Spaniens maritime Zukunft. 
Amalja Jimino, bis vor drei Tagen Marineminister, veröffentlicht 
in der „Espagne“ eine eingehende Studie über Spaniens Rolle im Mittel- 
ländischen Meere und führt aus, daß Spanien, um wieder ein politischer 
Wert in der europäischen Politik zu werden, auf den Ausbau seiner Kriegs- 
flotte bedacht sein müsse. Das größte der Mißgeschicke, die Spanien im 
letzten Vierteljahrhundert erlitten hat, komme von seiner Vereinzelung in 
der Welt her. Selbst das starke England sei gezwungen gewesen, aus seiner 
glänzenden Vereinsamung herauszutreten und vor acht Jahren Frankreichs 
nützliche Freundschaft zu suchen. Spaniens Programm zur See dürfe sich 
nicht auf den Bau von Geschwadern beschränken, es müsse auch die Vor- 
bereitung der drei großen Flottenbasen in sich begreifen, die die Natur
	        
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