Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Greßbritannien. (Januar 13. —30.) 493 
muselmanische Besitz, die Moscheen und Heiligtümer vollauf geachtet werden 
sollen. Bezüglich der Aegäischen Inseln vertritt die Note die Auffassung, 
daß die Regelung dieser Frage definitiv den Großmächten überlassen werden 
soll, und versichert, daß diese in einer Form geschehen werde, welche jede 
Möglichkeit einer Bedrohung der Türkei ausschließe. Von der Ergreifung 
von Zwangsmaßregeln für den Fall, daß die Türkei den Wünschen der 
Großmächte nicht Rechnung tragen sollte, enthält die Note nichts. 
13. Januar. (Unterhaus.) Die Spezialdebatte über den 
Homerulegesetzentwurf wird nach mehr als vierzigtägiger Dauer 
beendet. 
In den hauptsächlichsten Bestimmungen des Entwurfs ist keine wesent- 
liche Aenderung getroffen worden. Die wichtigste Abänderung, die be- 
schlossen worden ist, betrifft die Einführung des Grundsatzes der Proportional= 
vertretung bei den Wahlen für den irischen Senat und in gewissen Bezirken 
bei den Wahlen für das irische Unterhaus. 
13. Januar. Der Schiedsspruch zwischen dem Staat und der 
National Telephone Company setzt den Kaufpreis der von der Post 
übernommenen Anlagen auf 12515000 Pfund Sterling fest, während 
die National Telephone Company fast 21000000 gefordert hatte. 
15. Januar. (Unterhaus.) Beginn der dritten Lesung des 
Homerulegesetzes. 
Balfour beantragt Ablehnung des Gesetzes; die Haltung der Liberalen 
in der Ulster betreffenden Frage könne nicht aufrecht erhalten werden. 
Premierminister Asquith: Falls die Vorlage nicht angenommen wird, werden 
wir uns noch der Forderung der großen Mehrheit des irischen Volkes 
gegenüber sehen. Die Unionisten in Irland sollen davor geschützt werden, 
daß ihnen Unrecht geschieht, aber die Bewilligung der Forderung Ulsters 
wäre verhängnisvoll für ein demokratisches Regierungssystem. Der Premier- 
minister erinnerte dann Balfour daran, daß seine Voraussagen betreffs der 
Folgen der Gewährung der Selbstverwaltung in Transvaal sich als falsch 
erwiesen hätten, und fuhr sort: Wenn man ein großes Reich aufbaut, so ist 
es immer notwendig, etwas zu wagen. Aber das Risiko, das wir auf uns 
genommen haben, ist durch die in der Folge gemachten Erfahrungen immer 
gerechtfertigt worden. Wir fanden unseren Lohn und mehr als unseren 
Lohn darin, daß die Loyalität und die Anhänglichkeit der Glieder des 
Reiches stärker geworden ist. Wir hoffen und vertrauen, daß dies auch 
wieder geschehen wird. 
27. Januar. Die Regierung zieht ihre Wahlrechtsreform- 
vorlage, die über das Frauenstimmrecht entscheiden soll, zurück, ohne 
eine sachliche Entscheidung abzuwarten. 
30. Januar. (London.) Die türkische Regierung gibt ihre 
Antwort auf die Note der Mächte: Adrianopel soll unter Schleifung 
der Festungswerke unter die Türken und Bulgaren geteilt werden, 
von den Inseln will die Türkei die vier vor den Dardanellen gelegenen 
behalten. Die Balkanverbündeten kündigen den Waffenstillstand mit 
Wirkung von sieben Uhr abends ab (viertägige Kündigungsfrist). 
 
	        
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