56 Beutsches Reich. (Januar 28. 29.)
28. Jan. Notwendigkeit der Verminderung des
Schweinebestandes.
Der Direktor des Statistischen Amtes der Stadt Berlin-Schöneberg
Dr. R. Kurzynski begründet die Notwendigkeit, den Schweinebestand zu
vermindern, mit folgenden Erwägungen: Vor dem Kriege wurden ½%
unserer Roggenernte, ½)1 unserer Gerstenernte und ¾ der eingeführten Gerste
und des eingeführten Maises an die Schweine verfüttert. So wurden
jährlich etwa ½ Million Tonnen Roggen, annähernd 3 Millionen Tonnen
Gerste und fast 1 Million Tonnen Mais von den Schweinen verzehrt. Mit
dem Ausbruch des Krieges mußten wir auf die Einfuhr von Getreide ver-
zichten. Das bedeutet einen jährlichen Ausfall von 3 Millionen Tonnen
Gerste und 1 Million Tonnen Mais. Wir hatten bei Ausbruch des Krieges
rund 25 Millionen Schweine und haben heute noch etwa ebensoviel. Wenn
vor dem Kriege monatlich 50000 Tonnen Roggen und 250000 Tonnen
eingeführte Gerste und Mais an Schweine verfüttert wurden, so dürften
im August, September und Oktober v. J. monatlich mindestens je 300000
Tonnen Roggen verfüttert worden sein. Was das bedeutet, kann man sich
daran klarmachen, daß die gesamte Bevölkerung des Deutschen Reiches
monatlich etwa 600000 Tonnen Roggen verzehrt. Während die Menschen
monatlich etwa 9 Kilogramm Roggen pro Kopf konsumierten, fraßen die
Schweine monatlich mindestens 12 Kilogramm pro Kopf unserer Bevöl-
kerung. In Friedenszeiten bedeutet ein erhöhter Verbrauch von Schweine-
fleisch lediglich eine Verminderung unseres Schweinebestandes. Heute be-
deutet er zugleich die Erfüllung einer vaterländischen Pflicht: die Ver-
mehrung des zum menschlichen Verbrauch verfügbaren Getreidevorrats!
28. Jan. (Bayern.) Der König begibt sich in Begleitung des
Kriegsministers zu etwa vierzehntägigem Aufenthalt nach dem west-
lichen Kriegsschauplatz.
29. Jan. (Bundesrat.) Ausfuhrverbote.
Neue Ausfuhrverbote sind u. a. erlassen: für Kalisalze und Kali-
fabrikate (vgl. an anderer Stelle), Zinnoxyd, Zinnsalze, Manganverbindungen
des Kali, Zinnsäure usw. Aufgehoben ist das Ausfuhrverbot u. a. für
Eisengarn, gewisse Veredelungsbaumwollgarne, leichte baumwollene Socken
(bis 720 Gramm das Dutzend) und seidene Socken, baumwollene Männer-
handschuhe, Frauen- und Kinderhandschuhe aller Art, Lederhandschuhe mit
Ausnahme der Militärhandschuhe. Das Verbot der Ausfuhr von Baum-
wollgeweben wird eingeschränkt auf Brotbeutel- und Zeltbahnenstoffe.
29. Jan. In der Sitzung des Zentralausschusses der Reichs-
bank führt der Präsident des Reichsbank-Direktoriums Dr. Haven-
stein über Deutschlands Wirtschaftslage folgendes aus:
Die wirtschaftliche Arbeit macht weiter erfreuliche Fortschritte. Der
Beschäftigungsgrad, d. h. das Verhältnis der Arbeitsuchenden zu den offenen
Stellen, ist auch im Dezember und Januar außerordentlich günstig ge-
blieben. — Die Einnahmen aus dem Güterverkehr der preußischen Eisen-
bahnen haben sich von Monat zu Monat ansehnlich gehoben und im
Dezember bereits 95,44 Prozent der Einnahme des Dezember 1913 er-
reicht und davon entfallen nur etwa 4½ Prozent auf die Gütertransporte
für das Heer. Die Geldflüssigkeit wie die Einlagen bei Banken, Spar-
kassen und Genossenschaften sind in weiterer erfreulicher Zunahme be-
griffen. Der Stand der Reichsbank ist nach wie vor sehr zufriedenstellend.