Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Erste Hälfte. (56a)

Deuischre Reich. (Januar 7.) 3 
einem langen Leben war mein Bemühen darauf gerichtet, das Land und 
seine Bedürfnisse kennen zu lernen und mir Erfahrungen darüber zu 
sammeln, was dem Volke frommt. Erst seit kurzer Zeit von der Vorsehung 
zur Regierung berufen, ist es mein stetes Bestreben, diese reichen Erfah- 
rungen zum Wohle des Landes zu verwerten. Felsenfest ist meine Zu- 
versicht, daß ein siegreiches Niederringen unserer Feinde uns einen dauernden 
Frieden sichert, der wert ist der schweren Opfer und mir die Möglichkeit 
gibt, Land und Volk wieder vorwärts zu führen auf dem Wege wirtschaft- 
licher Erstarkung und kultureller Entwicklung. Gott schütze mein liebes Bayern! 
Er schirme Kaiser und Reich und verleihe den deutschen und den in treuer 
Waffenbrüderschaft verbündeten österreichich-ungarischen Heeren den Sieg 
über unsere Feinde! Dies ist der innige Wunsch, mit dem ich zu meinem 
70. Geburtstage meine lieben Bayern begrüße. Ich ersuche Sie, mein lieber 
Staatsminister, diesen Erlaß zu veröffentlichen und gleichzeitig bekannt zu 
geben, daß ich anläßlich meines Geburtsfestes eine Spende von 100000 Mark 
zur Verfügung stelle mit der Bestimmung, daß sie zur Fürsorge für die 
Angehörigen der Kriegsteilnehmer und zur Linderung der durch den Krieg 
verursachten Notlage verwendet werde. 
7. Jan. (Bayern.) Zum 70. Geburtstag des Königs. 
Der König begnadigt an seinem 70. Geburtstag eine größere Anzahl 
von Verurteilten. Die Begnadigten sind überwiegend Angehörige von 
Kriegsteilnehmern. 
Kronprinz Rupprecht von Bayern richtet im Namen der 
bayerischen Armee folgendes Schreiben an den König: Durchlauchtigster, 
großmächtigster König, gnädigster und geliebtester Herr Vater! Fern von 
der Heimat feiern heute die bayerischen Truppen im Feld das Geburtsfest 
ihres obersten Kriegsherrn — in Treue fest — von dem unerschütterlichen 
Willen beseelt, den Sieg an ihre Fahnen zu fesseln. Möge Gott der 
Allmächtige Siege uns verleihen und einen rühmlichen Frieden zum Wohle 
Bazderns und des gesamten deutschen Vaterlandes. Möge er die ersprieß- 
liche und unermüdliche Regierungstätigkeit Ew. Majestät segnen und möge 
es Ew. Majestät vergönnt sein, Allerhöchst Ihr Geburtsfest noch recht oft 
in gleicher Frische und Rüstigkeit zu feiern, umjubelt von einem dankbaren 
und anhänglichen Volke. Indem ich Ew. Majestät die ehrfurchtsvollsten 
Glückwünsche Allerhöchst deren tapferen Truppen übermittle und an diese 
Glückwünsche meine eigenen aus tiefster Seele kommenden füge, verharre 
ich in Ehrfurcht und Ergebenheit Eurer königlichen Majestät untertänigster, 
treugehorsamster Sohn Rupprecht, Kronprinz von Bayern. 
Das Antwortschreiben des Königs hat folgenden Wortlaut: 
Durchlauchtigster Fürst, lieber Sohn! Mit ganz besonderer Freude haben 
mich die Glück- und Segenswünsche erfüllt, die Eure Königliche Hoheit 
mir im Namen der vor dem Feinde stehenden bayerischen Truppen zu 
meinem 70. Geburtstage dargebracht haben. Herzlichen, innigen Dank sage 
ich hierfür Eurer Königlichen Hoheit und allen meinen lieben Bayern. 
Herzlichen Dank aber auch für den Heldenmut und die opferfreudige Hin- 
gabe, mit der meine Landeskinder in dem gewaltigsten Kampfe, den 
Deutschland je zu bestehen hatte, alle ihre Kraft erfolgreich einsetzen zum 
Schutz und zur Ehre des Vaterlandes. Ihr unerschütterlicher, fester Wille 
wird sie zum Siege führen, der einen ehrenvollen Frieden sichert. In 
dieser Zuversicht vertraue ich auf Gott, daß er auch fernerhin mit Bayerns 
Söhnen sein werde. Indem ich Eure Königliche Hoheit bitte, meinen Dank 
den tapferen Truppen zu übermitteln, verbleibe ich in väterlichem Wohl- 
wollen Eurer Königlichen Hoheit getreuer Vater. 
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