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Grafen Szeptycki auf dessen Frage, ob die bewaffnete Neutralität Italiens
gegen Oesterreich-Ungarn gerichtet sei, erwidert, dies sei unbedingt nicht der Fall
und Italien werde niemals die Gelegenheit, wo Oesterreich-Ungarn anderwärts
beschäftigt sei, benützen, um ihm Provinzen zu entreißen. Man könne Tirol
ruhig von Truppen entblößen und solle an der Loyalität Italiens nicht zweifeln.
Die „Agenzia Stefani“ versucht ferner, die in dem österreichisch-
ungarischen Rotbuch wiedergegebenen Mitteilungen des österreichisch-unga-
rischen Botschafters in Rom, wonach der italienische Militärattache in Wien
die Lage so dargestellt hat, als ob ein Krieg gegen die Monarchie nur ein
militärischer Spaziergang sei, mit dem Hinweis darauf zu dementieren, daß
die Berichte von Militärattaches geheim seien. Hierbei läßt die „Agenzia
Stefani“ die Tatsache außer acht, daß die in Rede stehenden Meldungen
des italienischen Militärattaches in Wien von den zum Kriege hetenden
Faktoren der italienischen Regierung wochenlang dazu verwendet wurden,
um Zweifelnde zu überzeugen und Zögernde zu gewinnen. Diese Berichte
sind also nicht auf unerlaubten Wegen zur Kenntnis des österreichisch-
ungarischen Botschafters in Rom gelangt, sondern sind gerade von jenen
Faktoren verbreitet worden, die heute das Dementi veranlassen.
29. Juli. (Ungarn.) Das „Amtsblatt"“ veröffentlicht eine
Regierungsverordnung über eine stufenweise Aufhebung des
Moratoriums.
31. Juli. Der Kaiser richtet nachstehendes Handschreiben an
den Kommandanten der Südwestfront, Generaloberst Erzherzog
Eugen, gleichzeitig mit einem Armee= und Flottenbefehl:
Lieber Herr Vetter Erzherzog Eugen! Ich übergebe Ew. Lieben meinen
Armee- und Flottenbefehl vom heutigen Tage und verleihe Ihnen, dem
bewährten Führer der gegen Italien kämpfenden Helden, das Militär-
Verdienstkrenz erster Klasse mit der Kriegsdekoration. Wie Sie das Ver-
trauen, mit dem ich das Kommando über all die tapferen Kämpfer in
Ihre Hand gelegt, voll gerechtfertigt haben, ist es Ihnen auch gelungen,
sich die Hingebung Ihrer Untergebenen zu sichern. Solch zielbewußte
Führung im Verein mit hervorragenden Truppen verbürgen mit Gottes
Hilfe den endgültigen Erfolg.
Wien, 29. Juli 1915. Franz Joseph m. p.
Armece- und Flottenbefehl.
An meine gegen Italien kämpfenden Streitkräfte! Seit Wochen steht
ihr, meine Braven, allen Teilen der Monarchie entstammend, in schwerem
Kampfe gegen einen an Zahl weit überlegenen Feind. Führer und Mann-
schaften aller Grade, alte Männer und jugendliche Kämpfer, wetteifern in
todesmutiger Tapferkeit. Auf den Berghöhen, in dem schwierigen Karst-
gelände und auf dem Meere vollbringt ihr Taten, würdig eurer Vorfahren,
die den gleichen Feind bekämpften und besiegten. Seinen Wahn, mittels
der in den Kampf geführten Massen leicht in unser geliebtes Vaterland
einbrechen zu können, habt ihr zunichte gemacht. Noch steht euch Hartes
bevor. Wenn aber so ausgezeichnete, hervorragend geführte Truppen, von
wahrer Begeisterung erfüllt, ihr Bestes einsetzen, werden die schwersten Auf-
gaben bewältigt werden, euch zur Ehre, dem Vaterlande zum Heile. Dank-
erfüllten Herzens gedenke ich eurer herrlichen Waffentaten, bewundernd blickt
das Vaterland auf seine Heldensöhne zu Lande und zur See. Voll Zu-
versicht sieht es auf euch, die treue Wacht im Südwesten.
Wien, 29. Juli 1915. Franz Joseph m. p.
Europäischer Geschichtskalender. I.VI. 13