674 Bie ökerreichisch-ungerische Monarchie. (August 2.—4.)
2. Aug. Es erscheint ein Erlaß des österreichischen Eisenbahn-
ministers über die Unerläßlichkeit der Kenntnis der deutschen Sprache
für alle Eisenbahnbediensteten.
Der an alle Staatsbahndirektionen gerichtete Erlaß betont, daß die
im gegenwärtigen Kriege gemachten Erfahrungen mit voller Klarheit den
Nachweis erbrachten, daß für alle Bedienstetenposten der Eisenbahn die
Kenntnis der deutschen Sprache unerläßlich ist. Künftig haben alle Be-
werber um einen Beamten- oder Bedienstetenposten noch vor der Aufnahme
die Kenntnis der deutschen Sprache in Wort und Schrift in einem dem
Dienst vollkommen entsprechenden Ausmaße nachzuweisen. Alle für das
Personal bestimmten Erlasse sind in deutscher Sprache auszufertigen, und
der dienstliche Verkehr zwischen den Angestellten hat sich nur in der deutschen
Dienstsprache zu vollziehen. Die Dienstvorstände haben mit allen Mitteln
auf unbedingte Einhaltung dieser Anordnung hinzuwirken und Zuwider-
handelnde mit aller Strenge zu bestrafen.
3. u. 4. Aug. Die Hauptverhandlung vor dem Wiener Divisions-
gericht spricht den General der Infanterie Moritz Ritter von Auffen-
berg von der Anklage, die Sicherheit der Armee gefährdet zu
haben, frei.
Die Anklage lautete, daß Auffenberg im Herbst 1912 während der
Tagung der Delegationen in Budapest geheim zu haltende Dispositionen
über militärische Defensivmaßregeln der Monarchie dem in Wien wohnhaften
Obersten des Ruhestandes Heinrich Ritter von Schwarz, der davon keine
Kenntnis haben sollte, um ihm materiell aufzuhelfen, und somit absichtlich
in der Weise mitgeteilt habe, daß er ihm am 18. November 1912 eine ver-
schlossene Karte des Inhalts zusandte, es sei eine teilweise Mobilisierung
im Norden wahrscheinlich, und ihn am 21. November 1912 unter Bekannt-
gabe der Namen der Kommandanten des 1., 10. und 11. Korps über die
vom Kriegsministerium am selben Tage nach Allerhöchster Genehmigung
beschlossene Erhöhung des Friedensstandes bei den Truppen und Anstalten
der erwähnten Korps telegraphisch benachrichtigte.
4. Aug. Im großen Saale des Niederösterreichischen Gewerbe-
vereines zu Wien findet eine Versammlung statt, die zur Frage
der Gestaltung der künftigen handelspolitischen Beziehungen
der Zentralmächte Stellung nimmt.
Der Vorsitzende, Reichsratsabgeordneter Friedmann, erklärt, daß die
wirtschaftlichen Kreise, die berufen sind, das große, die künftige Gesamt-
wirtschaft des Staates tief berührende Problem zu beeinflussen, sich in
ihrer Aufklärungsarbeit nicht weiter irre machen zu lassen. Am Schlusse
seiner mit großem Beifall ausgenommenen Ausführungen schlägt der Vor-
sitzende folgende Entschließung vor:
Die im Festsaale des Niederösterreichischen Gewerbevereins in Ver-
tretung breiter Schichten der erwerbenden Stände zahlreich anwesenden Teil-
nehmer an der Vollversammlung des Oesterreichisch-deutschen Wirtschafts-
verbandes erklären, daß sie hinsichtlich der Schaffung eines Wirtschafts-
bundes mit dem Deutschen Reich an dem Standpunkt festhalten, welcher
anläßlich der am 28. Juni l. J. in Wien gemeinsam mit dem Deutsch-
Oesterreichischungarischen Wirtschaftsverbande abgehaltenen Tagung in der
einstimmig gefaßten Entschließung zum Ausdrucke kam. Die Versammlung