Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Erste Hälfte. (56a)

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römisch-katholisch und nicht orthodox. Unter ihm kamen deutsche Ritter und 
deutsche Mönche ins Land, auch deutsche Bürger, die hier Städte grün- 
deten. Der Gedanke, daß die Interessen Ungarns mit Deutschland eng ver- 
knüpft sind, kam sofort nach Wiederherstellung der ungarischen Verfassung 
zum praktischen Ausdruck. Bereits in der ersten Delegationssitzung. die 
nach Wiederherstellung unserer althergebrachten Verfassung gehalten wurde. 
betonte Koloman Tisza, der Vater unseres jetzigen Ministerpräsidenten, 
mein unvergeßlicher ehemaliger Parteiführer, damals aber Führer der Op- 
position, daß Oesterreich--Ungarn sich nicht mehr danach sehnen dürfe, in 
den deutschen Bund zurückzutreten, daß es aber aufrichtig und mit Som- 
pathie die neue Entwicklung Deutschlands verfolgen müsse, wenn auch nicht, 
um in einen Staatenbund mit Deutschland ein zutreten, wohl aber, damit 
beide als freundschaftliche Verbündete ihre gegenseitigen Interessen überall 
unterstützen. Es ist das unvergängliche Verdienst weiland Graf Julius 
Andrassys, der sich hierdurch ewige Verdienste um Thron und Vaterland 
erworben hat, daß er das Bündnis mit Deutschland abschloß. Diese 
Richtung, welche seinerzeit von unseren großen Staatsmännern gegen die 
zur Zeit des französisch-deutschen Krieges im Jahre 1870 fühlbar werdende 
franzosenfreundliche Strömung mannhaft verteidigt wurde, ist dann zum 
Bündunis geworden. Dieses Bündnis hat jetzt seine Bluttaufe erhalten, und 
Blut ist der festeste Kitt. So können wir auch heute und noch in ferne 
Zeiten mit unerschütterlicher Treue auf das Bündnis hinblicken. Wir 
kämpfen mit unseren treuen Verbündeten den Kampf ums Dasein. Kein 
Opfer war uns zu groß und wird uns zu groß sein, um einen dauernden 
Frieden zu erkämpfen. MWir müssen siegen oder sterben, denn unsere Nieder- 
lage würde schmachvolle Knechtschaft bedeuten, und wir werden siegen! 
Unsere verbündeten Armeen schreiten von Sieg zu Sieg und ihr unwider--- 
stehliches Vordringen wird uns Frieden und dann die gesicherte Bürgschaft 
einer ungestörten Zukunft bringen. Der Redner schließt: Doch nicht nur 
die Völker Ungarns, sondern auch jene der beiden Staaten der Monarchie 
gegenseitig haben sich gefunden und verstanden. 
8. Sept. Der Grenzverkehr mit der Schweiz, auch die Linie 
Feldkirch-Buch, sowie sämtliche Straßenübergänge, werden gesperrt. 
10. Sept. Die Regierung erhielt aus Washington die Mit- 
teilung, daß der Regierung der Vereinigten Staaten der österreichisch- 
ungarische Botschafter I)r. Dumba nicht länger als Botschafter 
der K. und K. Regierung in Washington angenehm sei. 
Die Erklärung hierfür scheint folgender Brief Dr. Dumbas an den öster- 
reichisch-ungarischen Minister des Aeußern zu liefern, der sich nach einer 
Meldung englischer Blätter vom 11. September unter den Papieren des 
amerikanischen Kriegsberichterstatters Archibald vorgefunden hat, der auf 
der Fahrt von New Nork nach Rotterdam in Falmouth von den englischen 
Beamten verhaftet und durchsucht wurde: „New Vork, 20. August 1915. 
Euer Gnaden! Gestern abend erhielt Generalkonsul v. Nuber das bei- 
gesaltete Aide Memoire von dem Chefredakteur des am Ort wohlbekannten 
Blattes „Szabadsay“ nach einer vorausgegangenen Konferenz mit ihm und 
im Verfolg seiner Vorschläge zur Herbeiführung von Ausständen in den 
Kriegswerkstätten der Bethlehem-Stahlwerke von Schwab und ebenso im 
mittleren Westen. Dr. Archibald, der Euer Gnaden wohlbekannt ist, fährt 
heute um 12 Uhr an Bord der „Rotterdam“ nach Berlin und Wien ab. 
Ich benütze diese seltene und sichere Gelegenheit, um den Vorschlag Euer 
Guaden geneigtester Erwägung anzuempfehlen. Es ist mein Eindruck, daß
	        
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