684 Die österreichisch-ungarische Mosarchie. (Oktober 21.)
matische Verhandlungen und Erbschaftsstreitigkeiten zwischen den Kabinetten
von Petersburg, Belgrad, Rom und Paris stattgefunden haben, aber die
unermeßlich törichte Meinung blüht weiter, daß sich Oesterreich-Ungarn
gegen den deutschen Verbündeten aufwiegeln lassen werde und daß im
Deutschen Reiche Mißtrauen gegen Oesterreich-Ungarn erzeugt werden könne.
Deutschland, so wird draußen auseinandergesetzt, drängt uns überall in
den Hintergrund; die österreichisch-ungarische Armee soll verstimmt sein,
weil sie angeblich von der deutschen nur als Hilfstruppe betrachtet werde,
und unser Volk grolle Deutschland, weil es von ihm in diesen endlosen
Krieg hineingehetzt worden sei.
Wen hoffen die vermeintlich so klugen Männer, die dergleichen schreiben.
zu belügen und zu verführen? Ein heute vorliegender Artikel der „Bauc=
rischen Staatszeitung". der sich mit diesem Thema befaßt, sagt ganz richng.
daß die Neutralen auf so plumpe Lügen gewiß nicht hineinfallen. Die Neu.
tralen wissen ja, was vorgeht; sie sind nicht auf die teils bewußt, teils
unbewußt gefälschten Berichte angewiesen, durch welche die Leser der uns
feindlichen Presse von der Wirklichkeit abgesperrt werden. Das banerische
Blatt hebt überdies ausdrücklich hervor, daß sich das deutsche Volk voll-
ständig klar über den großen Anteil Oesterreichs-Ungarns an dem Riesen-
werk des Krieges ist, daß man dort die Namen unserer Führer mit höchster
Achtung nennt, des Mutes und der Widerstandskraft unserer Krieger mit
Dank gedenkt und daß unser Kaiser im ganzen Deutschen Reiche als leuchten-
des Beispiel verehrt wird. Wie sollte es auch anders sein! Wir halten
ja in dieser Zeit der furchtbarsten Anstrengungen zusammen, wie eine einzige
große Familie. Daß Oesterreich-Ungarn in den Krieg von Deutschland
hineingehetzt worden sei, ist die beliebteste und meistverbreitete der vielen
Kriegsfabeln. Sie verfolgte ursprünglich den Zweck, den Haß der Entente-
völker gegen Deutschland zur höchsten Gluthitze zu steigern, und sic enthielt
überdies gegen dieses selbe Oesterreich-Ungarn, das man dadurch zum Un-
willen gegen den Verbündeten bringen wollte, den Vorwurf, daß es von
Serbien ungerechtfertigterweise Rechenschaft gefordert habe. Der Tatbestand
wird umgedreht. Während es sich in Wahrheit so verhielt, daß Serbien,
im Vertrauen auf den russischen Schutz, hartnäckig Minen unter den Boden
unseres Staatsgebändes legte und daß die Ermordung des Thronfolgers
das Ergebnis eines wohldurchdachten Systems war, dem wir ein Ende
machen mußten, wenn wir unser Leben erhalten wollten, während die Bahr-
heit ist, daß uns Rußland dabei in den Arm fiel und zuerst einen Teil
seiner Riesenarmee, dann, noch im Lauf der Verhandlungen, die ganze
Armee mobilisierte, so daß Deutschland in Erfüllung seiner Bundespflicht
und seiner Selbsterhaltungspflicht zu einem Ultimatum genötigt war —
wird in den Ententeländern die serbische Miniertätigkeit totgeschwiegen und
die russische Bedrohung umgedeutet, und Deutschland erscheint als die uns
zum Rriege drängende Partei. Es drängte zum Kriege, so geht die Legende,
weil es die Gelegenheit benützen wollte, seine Hegemonie über Europa zu
errichten, und ließ uns, die wir, zu Tode erschrocken, um jeden Preis
weichen möchten, nicht mehr los. Daß in Oesterreich-Ungarn Millionen von
guten Patrioten es wie eine Erlösung begrüßten, daß gegen Serbien endlich
Ernst gemacht wurde, daß wir alle die Ueber3zeugung hatten, es gehe diesmal
um unsere Existenz, das wird weggelogen oder totgeschwiegen. Weggelogen
oder totgeschwiegen wird auch die ganze Einkreisungspolitik, die das Kricgs-
bündnis gegen uns und Deutschland vorbereitete. Nun, wir stehen fest zu-
sammen, und was das heißt, hat sich gezeigt. Das deutsche Heer und die
deutschen Heerführer haben gegen Frankreich, England und im Verein mit
uns gegen Rußland Schläge von einer Wucht ausgeteilt, die kaum zu über-