Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Erste Hälfte. (56a)

686 Die õsterreichisch-nugarische Menarchie. (Oftober 25.) 
höchstes Lob zollen, daß es tro ohdem in so kurzer Zeit gelang, den Feind zu 
bezwingen. Zu meiner großen Befriedigung vernahm ich aus dem Munde des 
Armeekommandanten und aller Korpskommandanten, daß der Angriff stetig 
Raum gewinne und daß Zustand, Haltung und Geist der Truppen nichts 
zu wünschen übrig lassen. Feldmarschall Erzherzog Friedrich. 
Der Allerhöchste Kriegsherr antwortete: 
Stolze Freude und höchste Befriedigung bekundet Ihre Meldung über 
all die Eindrücke, die Sie auf dem Schauplatze der letzten Kämpfe, welche 
unsere und die verbündeten deutschen Truppen siegend bestanden, empfangen 
haben. Innigst freue Ich Mich dessen und dankbarst gedenke Ich der ruhm- 
vollen Leistungen der Führer und der Truppen, die nach Bewältigung einer 
der stärksten Strombarrieren Belgrad erstürmten und den Feind weithin 
zurückwarfen. Der Geist Prinz Eugens beseelte sie alle. Erfüllt von diesem 
werden die Streitkräfte an unserer Südostfront allen Unbilden und Gefahren 
trotzen und ihre Fahnen vorwärts tragen zur endgültigen Niederringung 
des Feindes. Ich grüße Sie, lieber Feldmarschall, und den Generalfeld- 
marschall v. Mackensen und alle Truppen meiner 3. Armee und der deutschen 
12. Armee allerwärmstens. Franz Joseph. 
25. Okt. (Wien.) Bürgermeister Dr. Weißkirchner äußerte sich 
in einer Versammlung über die Zukunft der Deutschen in SÖster- 
reich und über das künftige Verhältnis zwischen dem Deutschen 
Reich und der Donaumonarchie wie folgt: 
Unsere Soldaten haben nicht gekämpft für den Sieg allein, sondern 
auch dafür, daß wir alle die Früchte des Sieges genießen sollen. Eine 
Rückkehr in die alten desolaten Zustände können wir nicht dulden. Aus 
dem Blute, das auf den Schlachtfeldern geflossen ist, soll ein neues Oester- 
reich hervorgehen, ein Oesterreich, in dem die Deutschen die in historischer 
und kultureller Bedeutung ihnen gebührende Stellung einnehmen. Ich kenne 
nicht die kommenden Regierungen Oesterreichs, aber eines rufe ich ihnen 
zu: Wehe denen, welche sich vermessen wollten, die Deutschen Oesterreichs 
an die Wand zu drücken. Wir Deutsche in Oesterreich haben in Treue zu 
Kaiser und Vaterland das Habsburgerreich wiederholt mit unserem Blute 
gekittet, und auch in diesem Weltenbrande waren es die Söhne des deutschen 
Volkes, welche heldenmütig die Scholle verteidigt haben. Wir wären un- 
würdig dieser Helden, wenn wir nicht auch dazu beitragen würden, daß 
dem deutschen Volke in Oesterreich kein Abbruch mehr geschehe. Wir wollen, 
daß den Kämpfen, die sich Schulter an Schulter der Deutschen und der 
Söhne der Donaumonarchie vollzogen haben, daß diesem militärischen 
Bündnis auch eine Vertiefung des politischen Bündnisses folge, und daß 
eine wirtschaftliche Annnäherung der beiden Mittelmächte die Siege auch 
in Friedenszeiten ermöglichen. Hat sich die Schlachtfront von der Ostsce 
bis Serbien und an die Dardanellen gezogen, dann soll sich auch die wirt- 
schaftliche Zukunft hinziehen von Ostende bis nach Bagdad, dann soll ein 
Zentraleuropa mächtig und beherrschend dastehen und der Welt diktieren, 
was deutscher Geist und deutscher Sinn für gut erachten. 
25. Okt. (Ungarn.) Durch königlichen Erlaß wird eine Amnestie 
wegen aller vor dem Kriegsausbruch aus politischen Gründen ver- 
übten Strafhandlungen und die Sistierung des Verfahrens an- 
geordnet.
	        
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