Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

820 Ersabbrikanzies. (September 10.—Mitte.) 
schaften den Bruch ihrer Abkommen mit der Regierung vorwarf. Diese 
Erklärungen enthielten eine allgemeine Verurteilung der Faulenzerei, und 
daß Belgier und andere Arbeiter verhindert würden, ihr Bestes zu leisten. 
Der Ausschuß wird alsbald Schritte tun, diese Vorwürfe zu untersuchen, 
und wird darüber Bericht erstatten. 
Ramsay Macdonald ploaidiert für die Einigkeit der Arbeiter, da- 
mit sie nach dem Kriege die großen Fragen der nationalen Wiederherstel- 
lung in Angriff nehmen könnten. Wenn der Friede kommt, sagt er, werden 
wir uns mit Wirtschaftsfragen, wie der Tarifreform, mit Fragen der aus- 
wärtigen Politik und der Frage wirklich dauernder Friedensgrundlagen zu 
beschäftigen haben. Wir alle stimmen darin überein, daß es Bürgerpflicht 
ist, auf seiten der nationalen Ehre zu stehen. Man darf sich der nationalen 
Pflicht nicht entziehen. In diesen Tagen nationaler Bedrängnis ist vieles, 
was uns früher teuer war, in die Ferne gerückt. Unter uns sind viele 
Friedensfreunde, aber heute wandern ihre Gedanken nach den Schützen- 
gräben, wo ihre Söhne dem Tode ins Auge sehen, um das Vaterland zu 
verteidigen. Macdonald fordert dann den Kongreß auf, perfönliche Mei- 
nungsverschiedenheiten nicht zu einer dauernden Trennung auswachsen zu 
lassen. Nach dem Frieden hoffe er wieder zusammen mit den alten Freunden 
den alten Feinden gegenüberzustehen. 
Der Kongreß lehnt schließlich mit großer Mehrheit die beantragte 
10. Sept. Aus New York kommt die Nachricht, daß dort eine 
englisch-französische Finanzkommission eintraf. 
Die Kommission gab die Erklärung ab, der Zweck ihrer Anwesenheit 
sei, mit den amerikanischen Bankiers über die besten Mittel, den Wechsel- 
kurs zu regulieren, zu beraten, damit die Industrie und der Handel 
der drei Länder so wenig wie möglich litten. Die Mitglieder der Kom. 
mission wohnen einem Empfang im Hause des Bankier Morgan bei. 
(Siehe unterm 29. Sept.). 
11. Sept. England gibt das amerikanische Eigentum an deut- 
schen und österreichisch-ungarischen Waren, die Amerikanern gehören 
und gegenwärtig in neutralen Häfen lagern, frei. Der Wert dieser 
Waren beträgt 167 Millionen Dollar. 
13. Sept. Nachdem in der Nacht vom 8. zum 9. September 
ein Zeppelin-Angriff auf die City von London und in der Nacht 
vom 11. zum 12. September ein solcher auf die Ostküste von Eng- 
land stattgefunden hatte, wurden in der Nacht vom 12. zum 13. die 
Befestigungswerke von Sonthend durch Luftschiffbomben teilweise 
zerstört. 
Mitte Sept. Lloyd George gibt seine gesammelten Kriegs- 
reden mit einer Vorrede heraus, aus der die Blätter ein Plaidoyer 
zugunsten der allgemeinen Wehrpflicht herauslesen. 
Nach einer Einleitung, die die bekannten Anklagen gegen das deutsche 
Militärsystem wiederholt, „das so wenig Rücksicht auf die bona fides, ehren- 
hafte Verpflichtungen und die elementaren Gefühle der Menschheit nahm“, 
und die größten deutschen Kriegserfolge konstatiert, heißt es: „In den 
Ländern der Alliierten gab es ein großes Erwachen. Wir leisten Außer-
	        
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