822 Großbrilannien. (September 15.)
weniger imstande, als vor einem Jahrhundert. Die Deutschen scheinen ihr
Pulver beinahe verschossen zu haben. Ihr Aufmarsch in Rußland, der an—
fangs durchschnittlich mit einer Geschwindigkeit von 5 Meilen täglich aus-
geführt wurde, ging auf eine Meile täglich zurück, und wir sehen, wie die
Truppen, die die Deutschen prahlerisch als geschlagen und vernichtet be-
zeichneten, noch immer auf der ganzen Front hartnäckigen und tapferen
Widerstand leisten, ja an einigen Stellen sogar den auf russischem Gebicie
andringenden Deutschen fühlbare Verluste beibringen. Kurz, wir können
ruhig erklären, daß die Deutschen, obwohl sie allein durch das Gewicht
ihrer Kanonen überlegen waren, selbst große Verluste erlitten und nichts
anderes als braches Land und geräumte Festungen gewannen. Ihre Strategie
scheint also mißglückt zu sein, und die Siege, von denen sie sprechen, können
sich noch, wie schon so oft in der Kriegsgeschichte, als verhüllte Niederlagen
entpuppen.
Ueber die Kämpfe an den Dardanellen führte Lord Kitchener aus:
Die Landung in der Suplabai wurde am 6. August mit Erfolg ausgeführt,
ohne ernsten Widerstand zu finden. Die Australier unternahmen von der
Anzacstellung aus einen starken Angriff, während eine kräftige Offensive
in der Richtung auf Krithis stattfand. Der Angriff von Anzac aus wurde
bis auf die Höhen von Saribair und Chunukbair fortgesetzt. Die Landung
der Truppen in der Suplabai sollte den Angriff unterstützen. Aber der
Angriff wurde leider nicht schnell genug entwickelt. Der Vormarsch wurde
nach 2½ Meilen zum Stillstand gebracht. Das Ergebnis war, daß die
Truppen außerstande waren, die Stellung auf dem Gipfel der Höhen zu
behalten. Sie erhielten nach wiederholten Gegenangriffen den Befehl, in
die tiefer gelegenen Stellungen zurückzugehen. Diese Stellungen wurden
befestigt und mit der Front der Suplabai verbunden. Von der Suvplabai
aus wurde am 21. August ein neuer Angriff auf die türkischen Verschan-
zungen gemacht. Aber nach mehreren Stunden des Kampfes war es doch
nicht möglich, die Gipfel der vom Feinde besetzten Höhen zu nehmen, und
da das dazwischen liegende Gelände zur Verteidigung nicht geeignet war.
gingen die Truppen in ihre früheren Stellungen zurück. Seildem herrscht
im ganzen Ruhe, und die Truppen haben die nötige Rast bekommen. An-
erkennend äußerte sich Kitchener über die Tapferkeit und Zähigkeit der
anstralischen und neufeeländischen Truppen. Man habe Beweise genug
dafür, daß bei den Türken, die von den Deutschen ies oder besser
gesagt, getrieben würden, Demoralisicrung eintrat. Das sei ohne Zweisel
ihren ungewöhnlich schweren Verlusten und dem zunehmenden Mangel an
Hilfsmitteln zuzuschreiben. Es sei nur gerecht, wenn man anerkenne, daß
die Kriegführung der Türken viel höher stehe als die ihrer deutschen Meister.
Kitchener schloß seine Rede mit den Worten: Einige der neuen Armeen,
die wir vorbereileten und ausrüsteten, stehen bereits im Felde, andere
werden ihnen schnell ins Ausland folgen. Die Art und Weise, wie der
Aufruf nach Rekruten hier beantwortet wurde, ist fast ein Wunder zu
neunen. Man soll aber nicht vergessen, daß der Nachschub der Mannschaften,
um die Truppenkörper im Felde aufzufüllen, größtenteils von dem dauernden
Zufluß an Rekruten abhängt. Ich bin sicher, daß die Truppen, die wir
ausschicken, bis zum Ende in voller Stärke erhalten werden müssen. Um
das zu erreichen, müssen wir die Zahl der Rekruten vermehren, und die
Frage, wie genügend starker Zufluß der Mannschaften gesichert werden
kann, um die Feldtruppen in voller Stärke erhalten zu können, nimmt
unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie wird, wie ich hoffe, sehr
bald eine praktische Lösung finden. Obwohl eine Abnahme der Rekruten-
ziffern wahrzunehmen ist, so glaube ich doch, daß alle Stände mit rühmens-