Spanien. (März 30. — Mai 10.) 713
In der Deputiertenkammer nimmt der Deputierte Lena Stellung
gegen eine gewisse spanische Presse, die bezüglich Portugals allerhand
Gerüchte verbreite, die dazu angetan seien, Mißtrauen bei der benachbarten
Republik aufkommen zu lassen, während es das Bestreben der spanischen
Regierung sei, mit ihr in Frieden und Eintracht zu leben. Alle Gerüchte
von feindlichen Absichten Spaniens gegen Portugal seien grundlos.
Auch Ministerpräsident Dato versichert, daß Spanien weiter
strikteste Neutralität bewahren und mit allen Nationen in guten Beziehungen
leben wolle. Die Einberufung von 30000 Mann zu den Fahnen entspreche
einfach der Befolgung des Gesetzes und stünde keineswegs mit irgendwelchen
militärischen Vorbereitungen im Zusammenhang. Die Mannschaften würden
nur drei Monate behufs Ausbildung bei der Fahne bleiben. Im Falie
einer Mobilisation würde man dann anstatt der Reserven sofort die neu
ausgebildeten Leute einberufen.
30. März. Der Finanzminister kündigt in der Deputierten-
kammer an, die Regierung beabsichtige zur Deckung des Fehlbetrages
im Etat eine Einkommensteuer einzuführen.
1. April. Der Kriegsminister legt den Plan für die Manöver
fest, die den Charakter einer Konzentrierung und Mobilmachung
haben sollen.
Der von General Echague ausgearbeitete Plan der Reorganisierung
und Verstärkung der Artillerie ist in der Durchführung begriffen. Die
Artillerie, die bisher aus 13 Feldartillerie- und 3 Gebirgsartillerieregimentern
(obne 26 Batterien afrikanischer Truppen) bestand, wird auf 540 Kanonen
mit 4000 Mann Bedienungemannschaften verstärkt. Zur Aufstellung der
neuen Formationen werden eine gewisse Anzahl Unteroffiziere ernannt
und 3100 Pferde und Maulesel ausgekauft. Munitionskästen. Lafetten und
Geschosse werden von der nationalen Industrie hergestellt werden.
1. April. Der konservative frühere Ministerpräsident Maura
hält im Theatro Real eine zweieinhalbstündige Rede.
Maura geißelt die Organisation der politischen Parteien, an der
mangelnder Bürgersinn schuld sei. Er erklärt sich als Anhänger einer
absoluten Neutralität. Spanien werde sein Protektorat in Marokko nicht
ausüben können, wenn es Tanger nicht besitze. Der Redner betont, Spanien
müsse seinen Verpflichtungen gegen Frankreich und England treu bleiben,
welches auch der Ausgang des Krieges sein möge.
10. Mai. Die „Gaceta de Madrid“ veröffentlicht die Ergebnisse
des Staatsabschlusses für 1914.
Daraus ist zu ersehen, daß die Nettoeinnahmen 1343 Millionen Pesetas
betragen, die Nettoausgaben 1408,63 Millionen, was einen Fehlbetrag von
95,63 Millionen ergibt. Zieht man in Betracht, daß 70 Millionen außer-
ordentlich aus emittierten Schatzschuldscheinen eingingen, so läßt sich ein
Defizit von 165,63 Millionen herausrechnen. Und letzteres ist im Grunde
noch größer, denn man sieht ferner, daß 24 Millionen Verbindlichkeiten
auf neue Rechnung vorgetragen wurden, also den laufenden Etat belasten.
Diejenigen, die vor einigen Monaten für 1914 ein Defizit von 200 Millionen
herausgerechnet hatten, haben sich demnach wenig geirrt. Das laufende
Budget läßt sich noch ungünstiger an. Für das erste Vierteljahr belaufen
sich die Einnahmen auf 354 Millionen, aber unter Hinzufügung von