Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Großbritannien. (September 29.—Oktober 1.) 833 
29. Sept. Offiziell wird mitgeteilt, daß die englisch-französische 
Anleihe in Höhe von 500 Millionen Dollars mit dem New-Vorker 
Hause Morgan zu einem Zinsfuß von 5 ½00 abgeschlossen wurde. 
Dem amerikanischen Publikum wird die Anleihe zu 98% mit 50%iger 
Verzinsung angeboten. „Manchester Guardian" sagt, daß England diese 
Anleihe wegen ihrer Steuerfreiheit mit nahezu 7% verzinsen müsse, 
während die letzte Kriegsanleihe 4½/2% bei Pari-Kurs war. Diese Anleihe 
setze also den Kredit Englands von 4½/2% auf 7% herab. Diese 7% ige 
Anleihe sei viel schlechter als die schlechteste, zu der Deutschland genötigt 
gewesen sei, und dies sei ein schwerer Schlag für Englands Anleihen und 
dessen empfindlichste Seite, seinem finanziellen Ruhm. 
30. Sept. (Unterhaus.) Anfragen über den Kampf gegen die 
U-Boote, über Persien, über die Ergebnisse der freiwilligen Werbung. 
Lord Balfour antwortet auf die Frage, wieviel deutsche Untersee- 
boote versenkt worden seien, er verstehe die Neugierde des Fragestellers 
und sei auch davon überzeugt, daß eine bloße Feststellung über die Zer- 
storung deutscher Unterseeboote dem Feinde keine wertvollen Ausfschlüsse 
geben würde. Aber die Kenntnis von der Versenkung deutscher Unterseebvote 
dabe verschiedene Grade, von der unbedingten Gewißheit bis zur Vermutung 
einer Moglichkeit. Tatsachen wie diese seien zu statistischen Feststellungen 
nicht geeignet. Wenn sich die Admiralität auf die Fälle der unbedingten 
Gewißheit beschränken wollte, würde sie hinter der Wahrheit zurückbleiben, 
wenn sie anderseits jede Möglichkeit einschlösse, würde sie übertreiben. 
Unterstaatssekretär Lord Robert Cecil antwortet auf eine Frage, er 
konne über die Lage in Persien nur mit größter Zurückhaltung sprechen; 
er erwähnte die Angriffe auf britische Offiziere in Abuschehr, Ispahan 
und Schiras, die offenbar durch deutsche und österreichisch-ungarische Ränke 
angezettelt worden seien. 
Hauptmann Guest erklärte, England müsse in den nächsten 12 Mo- 
naten 14100000 Mann an der Front haben, dazu an Reserven 1700000 
Mann, also im ganzen 3100000 Mann; 900000 Mann müßten zur Er- 
gänzung des Heeres demnach im nächsten Jahr angeworben werden. Wenn 
die Regierung die Gewißheit geben könnte, wöchentlich 20—25000 Mann 
durch Freiwilligenwerbung aufbringen zu konnen, würde er und seine Freunde 
sich zufrieden geben. 
1. Okt. (London.) Eine Konferenz der Führer der großen 
Arbeiterorganisationen, bei der auch die Minister Asquith und 
Lord Kitchener teilnehmen, spricht sich für Beibehaltung des Frei- 
willigensystems aus. Es wird folgender Beschluß gefaßt: 
Die Versammlung verpflichtet sich, die Regierung mit allen Kräften 
zu unterstützen und über das ganze Land hin den Werbungsfeldzug zu 
organisieren. 
1. Okt. (Unterhaus.) Dardanellenaktion und Anleihe. 
In Beantwortung einer Anfrage, ob der Erklärung des britischen 
Botschafters in Petersburg, wonach der Angriff auf die Dardanellen auf 
ein Verlangen Rußlands zurückzuführen sei, noch etwas beizufügen wäre, 
eklärt Lord Cecil, daß ohne Zweifel die Operationen in den Dardanellen 
es gewesen sind, welche die Türken von der russischen und der ägyptischen 
Grenze abgewandt haben. Sonst habe er nichts beizufügen. 
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