Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Grsstritannien. (November 15.) 867 
eines kombinierten militärischen und maritimen Ueberraschungsangriffes. 
Kitchener sagte, er könne keine Truppen abgeben. Der anfängliche Plan sah 
keinen Angriff auf die Gallipolihalbinsel vor. Der Plan wurde vom fran- 
sösischen Minister Augagneur geprüft und gebilligt. Der erste Erfolg der 
Beschießung der Außenforts übte eine elektrische Wirkung auf den Balkan 
aus und hatte eine sofortige Rückwirkung auf Italien. Anfang März be- 
gann der Fortschritt der Operationen sich zu verlangsamen. Die beweg- 
lichen Batterien des Feindes begannen sehr unbequem zu werden. Darauf 
wurde beschlossen, einen kombinierten maritimen und militärischen Angriff 
zu machen. Ich bedauerte die Entscheidung und wollte den Flottenangriff 
fortgesetzt haben, fand aber nicht die Zustimmung Lord Fishers. Ich er- 
hielt von Lord Fisher weder eine klare Leitung von den Operationen noch 
eine feste Unterstützung nachher. Wenn er die Operationen nicht billigte, 
hätte er das dem Kriegsrate aussprechen müssen und hätte damals zurück- 
treten können. Ich übernehme die volle Verantwortung für die Flotten- 
operationen, aber für die militärische Unternehmung und ihre Ausführung 
übernehme ich die Verantwortung nur, soweit ich Kabinettsminister war. 
Machten es die Flottenoperationen notwendig, daß man militärische Opera- 
tionen folgen ließ und dabei beharrte? Wir hätten unzweifelhaft nach dem 
Flottenangriff vom 18. März die Operationen abbrechen können. Die militä- 
rischen Operationen begannen erst am 25. April. Wenn wir in diesem Zeit- 
raum gewußt hätten, was wir heute über den Verlauf der militärischen 
Operationen wissen, so würde niemand gezögert haben, den Prestigeverlust 
in Kauf zu nehmen, den der Abbruch des Angriffs auf die Dardanellen 
verursacht hätte. Der Beschluß, militärische Operationen folgen zu lassen, 
war selbständig und unabhäng von dem Beschluß über den Flottenangriff. 
Ich unterstützte diesen zweiten Entschluß, aber das Wesen des Angriffs auf 
der Gallipolihalbinsel mußte Schnelligkeit und Energie sein. Es hätte eine 
große Gefahr bedeutet, langsam vorzugehen und lange Pausen zwischen den 
Angriffen zu machen. Andererseits stand unsere Armee auf Gallipoli den 
ganzen Sommer nur wenige Meilen von dem endgültigen Siege entfernt. 
Ein Angriff wie bei Neuve-Chapelle, Loos und Souchez hätte das Schicksal 
der türkischen Armee besiegelt. Ich riet das ganze Jahr der Regierung, 
keine Operationen im Westen zu unternehmen, sondern Konstantinopel zu 
erobern. Jetzt ist die Lage völlig verändert. Churchill fährt fort, er lasse 
dem Generalstaatsanwalt F. E. Smith alle seine Dokumente zurück, damit 
er seine Interessen im Unterhause verteidige. (Den stenographischen 
Wortlaut der Ausführungen Churchills über das Dardanellenunternehmen 
s. Becksche „Chronik des Deutschen Krieges“ Bd. X S. 367 ff.) 
Sir Edward Carson spricht sich über die serbische Angelegenheit, 
den Grund seines Rücktritts, aus, wobei er Grey scharf angreift: Grey 
habe gesagt, daß Sir Edward Carson aus der Regierung ausgetreten sei, 
bevor eine Entscheidung getroffen worden sei. Carson widerspricht dieser 
Behauptung. In der letzten Versammlung des Kriegsausschusses sei nach 
seiner Auffassung tatsächlich ein Beschluß gefaßt worden, der auf den Rat 
der militärischen Sachverständigen der Regierung basiert habe, nämlich, daß 
es zu spät sei, Serbien zu helfen. „Ich habe", so fährt Carson fort, „da- 
mals mit aller Kraft protestiert und gesagt, daß, wenn man Serbien nicht 
helfe, man dies dem serbischen Gesandten mitteilen müsse, damit Serbien 
in den Stand gesetzt werde, die nötigen Schritte zu tun, um sich selbst 
vor der vollkommenen Vernichtung zu schützen. Mit dem Kolonialminister 
und dem Munitionsminister habe ich über den Beschluß, daß es zu spät 
sei, Serbien zu helfen, gesprochen, und sie waren mit mir einer Meinung. 
Sie beide haben dem Kabinett ein Memorandum überreicht, und wenn man
	        
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