Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

722 Greßbritannien. (Jannar 7./10.) 
der richtige Weg, solche Personen zu behandeln, sei nicht die Entziehung 
der Naturalisierung, sondern die Anwendung der strengen Gesetze, die gegen— 
wärtig in Kraft seien. 
Auf eine Anfrage erwidert Viscount Allendale: Am 1. Jannar waren 
27000 Deutsche, Oesterreicher und Ungarn auf freiem Fuß, während 15000 
interniert waren. Die Anzahl der auf freiem Fuß befindlichen Frauen 
betrug 18000. 
Die Beratung wird am 8. fortgesetzt. Lord Haldane erklärt, der 
Aufforderung zum Eintritt ins Heer sei in mustergültiger Weise ent- 
sprochen worden. Es sei kein Grund, vorherzusagen, daß der Grundsatz 
des freiwilligen Dienstes einen Fehlschlag bedeutet. Falls die Notwendig- 
keit der Dienstpflicht erwiesen sei, werde die Regierung sich der Not- 
wendigkeit fügen. Wir kämpfen für unser nationales Dasein: nur ein Sieg, 
der die Wiederkehr des früheren Zustandes ausschließt, kann als befriedigend 
gelten. Die dem Lande gestellte Aufgabe ist sehr schwer, aber keine Mühe 
und keine Hilfsquelle des Landes soll gespart werden, um die große Auf- 
gabe zu einem glücklichen Ende zu führen. 
Hinsichtlich der Abwehr gegen einen Einfall in England sagt 
Lord Crewe, daß bereits Mitte Oktober die Lordleutnants der verschiedenen 
Grasschaften entsprechende Anweisungen erhalten hätten. Diese seien Ende 
Oktober und im Laufe des November abgeändert worden. Die Vorbereitungen 
seien als eine Art Versicherung gegen mögliche Gefahren zu betrachten. 
Unter der Aussicht der Lordleutnants seien lokale Notausschüsse gebildet 
worden, welche die Einzelheiten ausarbeiten. Es sei nicht für wünschens- 
wert erachtet worden, für die Bildung dieser Ausschüsse allgemeine An- 
weisungen zu geben. Lord Curzon bemerkt hierzu, die Streitkräfte, die 
in den einzelnen Grasschaften gebildet würden, seien, selbst wenn sie eine 
Million Mann zählten, nutzlos, wenn der Notfall eintrete, falls sie nicht 
unter militärische Kontrolle gestellt würden, ja sie würden sogar eine große 
Gefahr darstellen, da sie vom Feinde vielleicht nicht als Kombattanten an- 
erkannt würden. Er hoffe deshalb, daß die Organisation für die Verteidigung 
des Landes unter eine entsprechende militärische Kontrolle gestellt würde. 
Lord Selborne tadelt, daß die Admiralität keinen Vertreter im 
Oberhause besitze, und spricht die Ansicht aus, es sei verfehlt gewesen, eine 
Marinebrigade nach Antwerpen zu senden. Die Flotte unter Admiral Jellicoe 
solle nicht nur zu Patronillen verwendet werden. Ihre Hauptaufgabe be- 
stehe darin, die deutsche Flotte zu vernichten, wenn diese sich herauswage. 
Lord Lucas erklärt namens der Regierung, daß es streng vermieden 
werden müsse, bei Besprechungen von militärischen Vorbereitungen Zahlen 
zu erwähnen. Wenn England wüßte, wieviel Mann in Deutschland auf- 
gestellt und ausgebildet werden, so wäre das für die Verbündeten von der 
größten Bedeutung. Es könne schon die Angabe einer einzigen Zahl für 
Deutschland Wert besitzen. Alles, was gesagt werden könne, sei, daß das 
Kriegsamt trachte, die Ausrüstung mit der Rekrutierung im Einklang zu 
erhalten. Das geschehe gegenwärtig, und um mit der beschleunigten Re- 
krutierung Schritt zu halten, mache das Kriegsamt enorme Anstrengungen, 
um für Ausrüstungsgegenstände zu sorgen. Die hierfür geschaffene Organi- 
sation gewinne schnell an Umfang. Der Einwand, daß Churchill Zahlen 
angegeben habe, sei nicht ganz zutreffend: Churchill habe nur in seinen 
Rekrutierungsreden gesagt, daß, wenn die nötige Zahl von Menschen auf- 
gebracht werden könnte, 25 Armeekorps aufgestellt werden sollten; er habe 
damit einen Wunsch ausgedrückt. 
Loord Selborne: Deutschland hat gezeigt, daß es die wunderbarste 
Kampfmaschine besitzt, über die jemals eine Nation verfügt hat. Die Auf-
	        
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