Frankreich. (November 3.—12.) 937
erklärt, er habe Vertrauen zu Briand, der von Männern umgeben sei,
welche die Ehre des Landes verkörperten.
Briand antwortet den Interpellanten und erklärt, daß man alle
Gefühle kenne, welche seit dem Kriege im Lande wach geworden seien. Das
Land, welches in den grausamsten Stunden den Kopf hoch getragen habe,
fürchte nicht, daß seine größten Interessen öffentlich erörtert würden. Briand
spendet denen Lob, welche in tragischen Stunden die Verantwortung trugen,
und verlangt einstimmiges Vertrauen, das notwendig sei, um mit Nutzen
zu regieren. Briand bestätigt, daß demnächst eine Vereinbarung betreffs
der Zenfur getroffen werden würde. Er schließt mit den Worten: „Es kann
keine Unstimmigkeit unter uns geben. Nur ein vollständiger Sieg kann
uns befriedigen, um zu dem vielleicht fernen Augenblick zu gelangen, wo
wir einer Friedensfrage gegenüber stehen werden, müssen wir erst siegreich
gewesen sein, müssen wir die dem Schoße Frankreichs entrissenen Provinzen
ert zurückerhalten haben, werden Völker, wie die gemarterten Belgier, erst
vollständig wieder aufgerichtet sein müssen. In diesem Kriege ist Frank-
reich der Vorkämpfer der Welt. Es kämpft für Zivilisation und Freiheit.
Ein dauerhafter Friede kann der Welt erst gegeben werden, wenn Frank-
reich und seine Verbündeten die Freiheit der Völker wieder erobert haben.“
Die Kammer beschließt, die Rede Briands öffentlich anschlagen zu
lassen, und nimmt mit 651 gegen 1 Stimme eine Vertrauenstages-
ordnung für die Regierung an.
3. Nov. General Maunoury wird als Nachfolger Gallienis
zum Militärgouverneur von Paris ernannt.
7. Nov. (Kammer.) Der Minister des Innern bringt eine
Vorlage ein, durch die die Bürgermeister und eventuell die Prä-
fekten ermächtigt werden, während der Kriegsdauer alle Nahrungs-
mittel und alle für die Heizung und Beleuchtung nötigen Gegen-
stände zu taxieren und zu requirieren.
§. Nov. über den Aufenthalt Kitcheners in Paris wurde
folgende halbamtliche Note an die Presse hinausgegeben:
Dem englischen Kriegsminister Lord Kitchener, der sich zur Besichtigung
des neuen Kriegsschauplatzes im Orient begibt, lag es daran, mit den Ver-
tretern der französischen Regierung und des französischen Oberkommandos
wieder Fühlung zu nehmen. Seine Unterredungen mit Briand, Gallieni
und Joffre gestatteten, die zahlreichen verwickelten Fragen, die durch die
Balkanexpedition und die Orientunternehmungen aufsgeworfen werden, einer
eingehenden Erörterung zu unterziehen. Die völlige Uebereinstimmung beider
Regierungen wurde in diesen Unterredungen wiederum bestätigt. Die Unter-
nehmungen, die durchgeführt werden, sowie diejenigen, die noch beschlossen
werden können, entsprechen demnach der identischen Auffassung der Lage.
12. Nov. (Kammer.) Der neue Kriegsminister Gallieni spricht
gegen die Empfehlungen, denen er ein Ende zu machen gedenkt.
Hierauf bringt Finanzminister Ribot einen Gesetzentwurf über eine
5 prozentige Anleihe ein, der einstimmig angenommen wird.
Die Anleihe wird in noch unbestimmter Höhe eröffnet. Die Besitzer
von 3prozentiger Staatsrente haben das Recht, Zeichnungen auf die An-
leihe zu einem Drittel in Renten zu bezahlen.