Fra#kreich. (Dezember 28.—31.) 949
diesem Zwecke mit Irrtümern der Verwaltung brechen und uns weder vor
Entschlüssen noch vor Verantwortlichkeiten fürchten. Frankreich, das vor
18 Monaten den Frieden wollte, will heute den Krieg mit aller Willenskraft
und wendet all seine Hilfsmittel daran. Wer das Wort „Frieden"“ ausspricht,
wird als schlechter Bürger betrachtet. Der Jahrgang 1917 wird hinausziehen,
und das Volk begleitet mit seinen Wünschen die jungen Leute, die wir zu
dem großen Kampfe vorbereiten werden, der erst endigen wird, wenn Frank.
reich in Uebereinstimmung mit seinen Alliierten sagen kann: Ich mache halt;
ich habe erreicht, was ich wollte und nehme meine Friedensardeit wieder auf.
Der einzige Artikel des Gesetzentwurfs wird einstimmig angenommen,
ebenso wird beschlossen, die Rede des Ministers öffentlich anzuschlagen.
W. Dez. (Kammer.) Der Gesetzentwurf betr. die vorläufigen
Kredite für das erste Vierteljahr von 1916, der u. a. die Anwendung
des Einkommensteuergesetzes enthält, kommt vom Senat zurück.
Der Senat hat das Inkrafttreten dieses Gesetzes bis auf die Zeit
nach Beendigung der Feindseligkeiten verschoben, während die Kammer es
auf den 1. Januar 1916 festgesetzt hatte. Sie hält an dem ursprünglichen Wort-
laut fest, macht jedoch folgenden Zusatz: Indessen ist der Finanzminister
ermächtigt, den zur Erfüllung der durch das Gesetz von 1914 vorgesehenen
Förmlichkeiten bewilligten Aufschub durch Dekret zu verlängern, in der
Weise jedoch, daß das Inkrafttreten des Gesetzes vor dem 31. Dezember 1916
sichergestellt wird.
29. Dez. Der Kreditgesetzentwurf wird in der ihm von der
Kammer gegebenen Form auch vom Senat angenommen.
29. Dez. Hervé wurde aus der sozialistischen Partei ausgeschlossen.
31. Dez. Joffre erläßt solgenden Tagesbefehl:
Soldaten der Republik! In dem Augenblick, wo dieses Kriegsjahr zu
Ende geht, könnt Ihr all Euer Werk mit Stolz betrachten und Euch der
Größe der von Euch ausgeführten Kraftanstrengungen erinnern. Im Artois,
in der Champagne, im Wosvre und in den Vogesen habt Ihr dem Feinde
gewaltige Niederlagen und blutige Verluste, die unvergleichlich stärker sind
als die unfrigen, beigebracht. Das deutsche Heer hält sich noch immer, sieht
aber, wie täglich seine Truppenbestände und seine Hilfsmittel sich vermin-
dern. Gezwungen, das schwankende Oesterreich zu unterstützen, muß es auf
nebensächlichen Kriegsschauplätzen leichte und vorübergehende Erfolge suchen,
die es auf den Hauptfronten zu erringen verzichtet. Sämtliche deutschen
Kolonien sind entweder von der Welt abgeschnitten oder in unsere Hände
geraten. Dagegen verstärken sich die Alliierten fortwährend. Unbestrittene
Herrscher der See, können sie sich leicht verproviantieren, während die
Mittelmächte, finanziell und wirtschaftlich erschöpft, darauf angewiesen sind,
nur noch auf unsere Zwietracht oder unsere Müdigkeit zu rechnen. Als ob
die Alliierten, die geschworen haben, bis zum Aeußersten zu kämpfen, ge-
neigt wären, ihren Schwur zu brechen im Augenblicke, wo für Deutschland
die Stunde der Sühne schlagen wird; als ob die Soldaten, die die schwersten
Kämpfe durchgefochten, nicht imstande wären, durchzuhalten, trotz Kälte und
Morast. Seien wir stolz auf unsere Kraft und unser Recht, denken wir an
die Vergangenheit nur, um in ihr Zuversichtsgründe zu schöpfen! Denken
wir an unsere Toten nur, um zu schwören, sie zu rächen! Während unsere
Feinde von Friede sprechen, denken wir nur an Krieg und Sieg! Am Anfang
eines Jahres, welches dank Euch ruhmreich für Frankreich sein wird, übermittelt
Euch Euer Befehlshaber von tiefstem Herzen seine herzlichsten Wünsche.