956 Slslies. „Mai 11.— 13.)
gegen irgend jemand fernzuhalten. Wollen Sie bitte diese Instruktionen
allgemein veröffentlichen und über eine strenge Durchführung wachen.
11. Mai. Der Mailänder „Avanti“, das Organ der Sozialisten
betont, daß die Regierung bereits an die Entente gebunden sei, und
schreibt: Eine Regierung, welche Italien heute in den Weltkrieg
stürzt, gehöre sofort ins Irrenhaus.
12. Mai. Die sozialistische Kammerfraktion gegen den
Krieg.
Die sozialistische Fraktion faßt nach mehrtägiger Beratung folgenden
Beschluß: Sie erachte es nicht nur im Interesse des Proletariats, sondern.
der Mehrheit des ganzen Landes für ihre Pflicht, gegen die jeden Tag
kühner auftretenden Interventionsparteien Front zu machen. Auch im
Parlament wachse die Opposition gegen die Regierung, die sich in ein
diktatorisches Stillschweigen hülle. Das Parlament habe der Regierung das
ertrauen ausgesprochen, zu verhandeln, nicht Krieg zu führen. Keine Re-
gierung dürfe das Land, ohne es zu befragen, in den Krieg stürzen. Des-
halb wird die sozialistische Fraktion in Rom versammelt bleiben und die
Politik unterstützen, die entschieden gegen den Krieg gerichtet ist.
12. Mai. Der Gouverneur von Erythräa legt sein Amt nieder
und kehrt nach Rom zurück.
13. Mai. Das Ministerium Salandra gibt seine Entlassung,
da es in bezug auf die Richtlinien der Regierung und der inter-
nationalen Politik der Eintracht und der Zustimmung der konstitu-
tionellen Parteien entbehre, die angesichts des Ernstes der Lage er-
forderlich sei. Der König behält sich seine Entscheidung vor.
13. Mai. Der Abg. Cirmeni teilt in der Mailänder „Stampa“
mit, daß die österreichische Regierung der italienischen nachstehendes
Anerbieten gemacht habe:
Oesterreich-Ungarn bot: Die Abtretung des von Italienern bewohnten
Teiles Tirols, des sog. Trentino; eine Abtretung am Isonzo mit Einschluß
von Gradisca und vollständige Autonomie für Triest nebst Gewährung einer
italienischen Universität und des Freihafens, sowie Desinteressement Lener-
reichs zugunsten Italiens in Südalbanien nebst sofortiger Anerkennung des
Besitzes von Valona, Prüfung einer Abtretung der Stadt Görz und einiger
Inseln nahe der dalmatinischen Küste.
Dem römischen Korrespondenten der „Nationaltidente“ teilt der
frühere italienische Finanzminister Luzzatti die Forderungen
Italiens mit:
Sofortige Besetzung von ganz Trentino, Istrien einschließlich Triest,
Pola, Fiume, mehrere Adria-Inseln, Abtretung der Marinestationen an der
dalmatinischen Küste, Verzicht auf jede direkte oder indirekte Einmischung
in die Angelegenheiten Serbiens, Verzicht auf eine gegen Italiens Inter-
essen gerichtete Balkanpolitik, Freiheit für Italien, seine Interessen im
östlichen Mittelmeer gegen die Türkei gemeinsam mit den Dreiverbands-
mächten wahrzunehmen, und schließlich Handlungsfreiheit für den kommen-