Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

726 Großbritannien. (Jannar 10.) 
besitzt, so sind wir bereit, sie zu prüfen, und es ist unsere gegenwärtige 
Absicht, uns an die Regel zu halten, obwohl wir kein unbegrenztes und 
unbedingtes Versprechen hierfür geben können angesichts der Abkehr der- 
jenigen, gegen die wir kämpfen, von bisher angenommenen Regeln der 
Zivilisation und Menschlichkeit und der Unsicherheit über das Maß, bis 
zu welchem solche Regeln von ihnen in Zukunft verletzt werden könnten. 
Vom 4. August bis zum 3. Januar hat die Zahl der Dampfer, die 
aus den Vereinigten Staaten nach Holland, Dänemark, Norwegen, Schweden 
und Italien abgingen, 773 betragen. Von diesen hatten 45 konsignierte 
und andere Ladungen an Bord, die einem Prisengericht vorgeführt worden 
sind, während von den Schiffen selbst nur acht in das Prisengericht kamen; 
eins von ihnen ist inzwischen wieder freigelassen worden. Es ist jedoch 
wesentlich unter den heutigen Verhältnissen, daß da, wo wirklich Grund 
vorliegt, das Vorhandensein von Konterbande zu argwöhnen, die Schifsfe 
in einen Hafen zur Untersuchung gebracht werden. Auf andere Weise kann 
das Untersuchungsrecht nicht ausgeübt werden, und ohne diese Praxis müßte 
man es gänzlich fallen lassen. 
Wir sind unterrichtet worden, daß besondere Anweisungen gegeben 
sind, Kautschuk aus den Vereinigten Staaten unter einer anderen Be- 
zeichnung zu verschiffen, um es der Beobachtung zu entziehen; und solche 
Fälle sind mehrere Male vorgekommen. Nur durch die Untersuchung in 
einem Hafen können derartige Fälle, wenn Verdacht vorliegt, entdeckt und 
bewiesen werden. 
Die Notwendigkeit der Untersuchung in einem Hafen möge auch in 
bezug auf Baumwolle durch einen noch nicht vorgekommenen hypothetischen 
Fall veranschaulicht werden. Baumwolle ist in Ew. Exzellenz Note nicht 
besonders erwähnt; aber ich habe gesehen, daß in den Vereinigten Staaten 
öffentlich erklärt wurde, das Verhalten der Regierung Sr. Mojestät sei in 
bezug auf Baumwolle zweideutig und müsse daher für den Tiefstand des 
Baumwollhandels verantwortlich gemacht werden. Es hat aber niemals 
irgendein Grund für diese Annahme vorgelegen. Sr. Majestät Regierung 
hat niemals Baumwolle in das Verzeichnis der Konterbande eingereiht. 
Sie hat dieselbe, solange der Krieg dauert, zu den freien Gütern gerechnet 
und hat bei jeder Gelegenheit, wenn über diesen Punkt befragt, ihre Ab- 
sicht kundgegeben, an dieser Behandlung der Sache festzuhalten. Aber es ist 
uns zu Ohren gekommen, daß, gerade weil wir unsere Absicht erklärten, 
uns nicht mit Baumwolle abzugeben, die mit Baumwolle befrachteten 
Schiffe besonders gern zur Beförderung von Konterbande ausgesucht wurden. 
Wir wurden davor gewarnt, daß Kupfer in den Baumwoll- 
ballen verborgen sein könnte. Was für Verdachtsgründe wir auch 
gehegt haben mögen, so sind doch diese für uns kein Grund gewesen, um 
irgendein mit Baumwolle befrachtetes Schiff zurückzuhalten. Aber sollten 
wir Kunde bekommen, die uns triftigen Grund gäbe, im Falle irgendeines 
besonderen Schiffes anzunehmen, daß in den Baumwollballen Kupfer oder 
andere Konterbande verborgen wäre, so würde das einzige Mittel, den Fall 
zu prüfen, darin bestehen, daß man die Ballen untersuchte und wöge. 
Dieses Mittel könnte bloß angewandt werden, indem man das Schiff in 
einen Hafen brächte. In einem solchen Falle oder auch in irgendeinem 
andern würde die Sache, wenn die Untersuchung das Vorgehen Sr. Ma- 
jestät Regierung rechtfertigte, vor ein Prisengericht gebracht und in der 
gewöhnlichen Weise behandelt werden. 
Daß die Entscheidung britischer Prisengerichtshöfe bisher für die Neu- 
tralen nicht ungünstig gewesen sind, wird durch die in dem Miramichi- 
Fall getroffene Entscheidung bewiesen. Dieser Fall, der gegen die Krone
	        
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