Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

984 Stalien. (Juni 14.—Juli 8.) 
Damit schließt das Grünbuch. Bekanntlich konnte Fürst Bülow in den 
folgenden Tagen, mit österreichisch-ungarischen Vollmachten ausgestattet, 
neue Vorschläge einschließlich der sofortigen Abtretung des Vertragsgebietes 
vorlegen. Das verschämte Schweigen des Grünbuchs ist der beste Beweis, 
daß die italienische Regierung keinen ehrlichen Grund dafür beizubringen 
vermag, daß sie diese Vorschläge unbeachtet ließ. 
14. Juni. Auf Befehl des Ministeriums wird die gesamte 
Warendurchfuhr Italiens nach der Schweiz eingestellt. 
14. Juni. Stellung des Ausschusses der Sozialistenpartei zum 
Kriege. 
Es stehen sich zwei Tendenzen gegenüber; die eine will, daß die Pareei 
jedes Zusammenwirken mit den übrigen Parteien bei den bürgerlichen Ar 
beiten ablehne. Die andere Richtung glaubt, die Partei habe ihre Pflicht 
getan und bis zuletzt ihre Abneigung gegen den Krieg gezeigt; nunmehr 
aber habe sie mit den anderen Parteien zusammen tätig zu sein, um das 
Schicksal jener zu erleichtern, die durch den Kriegszustand zu leiden haben. 
Diese letztere Tendenz stimmt überein mit der der parlamentarischen Gruppe. 
Das leitende Komitee beschließt, die Erörterung hinauszuschieben, um zu- 
nächst die Ansicht des Ausschusses der parlamentarischen Gruppe zu ver- 
nehmen. 
18. Juni. Ein königliches Dekret ermächtigt die Regierung, eine 
neue innere Anleihe zu 4 /2% auszugeben. 
Die Anleihe kann vor 1925 weder gekündigt noch amortisiert werden. 
Der Ausgabekurs ist auf 95 Lire und für Besitzer von Titeln der vorher- 
gehenden inneren Anleihe auf 93 Lire, der Zeichnungsbeginn auf 1. Juli 
festgesetzt. 
25. Juni. Königliche Erlasse. 
Ein Erlaß des Stellvertreters des Königs erklärt, daß Verkäufe und 
Abtretungen, die seit dem 24. Mai und während der Kriegsdauer von 
österreichisch-ungarischen Untertanen und von Personen, die in 
Oesterreich-Ungarn wohnen, ausgeführt werden, gesetzlich nichtig sind. Aus- 
genommen davon sind nur österreichisch-ungarische Untertanen italienischer 
Nationalität. 
Ein anderer Erlaß setzt fest, daß der Schaden, der durch die feind- 
liche Beschießung unbefestigter Städte, Dörfer, Gebäude usw. und Handels- 
schiffe entsteht, aus den Mitteln eines Fonds ersetzt werden kann, die durch 
Ausnützung der beschlagnahmten feindlichen Handelsschiffe und den Verkauf 
gekaperter Schiffe einkommen. 
W5. Juni. Der Kolonialminister gibt bekannt, daß die Lage 
in Libyen die Absendung von Truppenverstärkungen erfordere. 
30. Juni. Gegenüber der Besetzung Skutaris durch Mon- 
tenegro (s. dieses) erklärt die italienische Presse, Italien werde 
keine derartige Besetzung anerkennen und der Schaffung eines sog. 
fait accompli nicht zulassen. 
8. Juli. General Porro ist nach Paris und London abgereist. 
Wie der „Matin“ am 21. Juli berichtet, hat der Besuch General 
Porros in London und seine Besprechung mit General Joffre als erstes
	        
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