Stalien. (November 23.—Dezember 1.) 993
23. Nov. Der Mailänder „Secolo“ berichtet die Beschlagnahme
von 36 in italienischen Häfen liegenden deutschen Dampfern.
30. Nov. Der italienische Gesandte in London, Imperiali,
unterzeichnet im Namen seiner Regierung das Londoner Abkommen
vom 5. Sept. 1914.
Das Fünfmächteabkommen, dem am 19. Nov. 1915 auch Japan bei-
getreten ist, hat unter Weglassung der Einleitung nun folgenden Wortlaut:
Die Unterzeichneten, die von ihren Regierungen bevollmächtigt wurden,
erklären: Die britische, französische, italienische, japanische und russische
Regierung verpflichten sich, im gegenwärtigen Kriege einzeln nicht Frieden
zu schließen. Die fünf Regierungen vereinbaren, daß, sobald Friedens-
bedingungen zur Diskussion gelangen, keiner der Verbündeten Friedens-
bedingungen aufstellen wird, ohne vorher die Genehmigung eines jeden
der anderen Verbündeten dazu zu erhalten. Zur Bestätigung dieses unter-
schreiben die Unterzeichneten diese Erklärung und heften daran ihr Siegel.
Gegeben in London den 30. Nov. 1915. Edward Grey, Cambon, Inouye,
Imperiali, Benckendorff.
1. Dez. Eröffnung der Kammer.
Die Sitzung findet bei dicht besetzten Tribünen statt. Sämtliche Minister
und über 400 Abgeordnete sind erschienen. Auch mehrere Botschafter und
Gesandte, wie Denys Cochin, wohnen der Sitzung bei. Nach einer patrio-
tischen Ansprache des Präfidenten ergriff der Minister des Aeußeren Sonnino
das Wort:
Am 23. Mai hat die Regierung nach dem Beschlusse des Parlaments
und den feierlichen Kundgebungen des Landes im Namen des Königs den
Krieg an Oesterreich--Ungarn erklärt. Die Gründe, die uns bewogen haben,
diese Maßnahmen zu ergreifen, gehen klar aus dem Grünbuche hervor, das
einige Tage zuvor dem Parlamente vorgelegt worden war, aus anderen
in der Folge veröffentlichten Dokumenten und aus den während dieser
Monate von dem Ministerpräsidenten und einigen seiner Kollegen gehaltenen
Reden. Infolge der Lage, die sich ergeben hatte ebensowohl durch die Ver-
lebungen der wesentlichen Punkte des Dreibundvertrages durch Oesterreich-
Ungarn und seinen vorbedachten Angriff gegen Serbien, wie durch das
Scheitern der Verhandlungen, die wir, geleitet von dem Wunsche, dem
Lande das Unglück eines Krieges zu ersparen, vom Dezember bis zum
Mai mit ihm angeknüpft hatten, erschien es uns dringend geboten und
notwendig, zur Verteidigung unserer vitalsten Interessen, zur Verteidigung
der Freiheit und Unabhängigkeit und zur Verwirklichung unserer fundamen-
talsten nationalen Aspirationen an die Waffen zu appellieren.
Am 20. August erklärten wir den Krieg an die Türkei. Die Ver-
letzungen des Vertrages von Lausanne sind bekannt, die von der türkischen
Regierung am Tage nach der Unterzeichnung eben dieses Vertrages be-
gangen wurden. Die von der Türkei gegen uns in Libyen verübten Feindselig-
keiten, die beständige Entsendung von Offizieren und Waffen nach unseren
Kolonien, ihre Weigerung, die Gefangenen zurückzuschicken, die der Abreise
unserer Konsulatsbeamten in den Weg gelegten unzulässigen Hindernisse, die
Gewalttaten gegen die Italiener, die in ihre Heimat zurückkehren wollten,
die Verhandlungen, die geduldig bis zu der durch unsere Würde gebotenen
Grenze geführt wurden: Dieses sind die Umstände, die nunmehr wohl be-
lannt sind und die (zugleich mit unserem Wunsche, in vollkommener Ueberein-
stimmung der Ziele mit unseren Alliierten auf der Balkanhalbinsel und im
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