Rimische Kurie. (Dezember 6.) 1011
dem hohen Standpunkt seiner Zivilisation und seines Wohlstandes bedeuten
würde, auf den es die christliche Religion erhoben hat. Dies sind die Ge-
fühle, welche uns gegen den Krieg und für die Völker, die in ihn verwickelt
sind, beseelen. Wenn wir dann noch die aus dem europäischen Konflikt für
die katholische Sache des Heiligen Stuhles entstehenden Unzuträglichkeiten
betrachten, so sieht jedermann, wie schwer sie sind und wie sehr die Würde
des Papstes verletzt ist. Schon wiederholt haben wir, den Spuren unserer
Vorgänger folgend, beklagt, daß die Lage, in der der Payust sich be-
findet, derartig ist, daß sie ihm nicht die volle Freiheit läßt, welche
für die Regierung der Kirche unbedingt notwendig ist. Wer sieht nicht, daß
diese Tatsache unter den gegenwärtigen Umständen besonders klar zu-
tage tritt? Zweifellos fehlt der gute Wille, diese Zustände zu beseitigen,
denjenigen nicht, welche Italien regieren, aber das gerade zeigt klar, daß
die Lage des Papstes von bürgerlichen Gewalten abhängt, und daß wir
bei einem Wechsel von Personen und Umständen Unannehmlichkeiten und
Verschlimmerung erfahren könnten. Kein vernünftiger Mensch wird behaupten
können, daß eine so ungewisse, so vom guten Willen abhängige Stellung
gerade diejenige sei, welche dem Heiligen Apostolischen Stuhle zukommt.
Uebrigens konnte nicht vermieden werden, daß durch die Macht der Tat-
sachen selbst gewisse Unzuträglichkeiten von unbestreitbarem Ernst ihre Be-
stätigung fanden. Ohne andere Ereignisse zu erwähnen, wollen wir nur
bemerken: daß gewisse bei uns beglaubigte Botschafter oder Gesandte ge-
zwungen waren, abzureisen, um ihre persönliche Würde und die Rechte
ihrer Amtswürden zu wahren, war für den Heiligen Stuhl eine Verringe-
rung seines eigenen angeborenen Rechtes und ein Versagen der notwendigen
Bürgschaften und brachte gleichzeitig die Entziehung des gewöhnlichen
Mittels mit sich, dessen er sich als des bequemsten zur Verhandlung mit
auswärtigen Regierungen zu bedienen pflegt. Hierbei können wir nicht ohne
Schmerz den Verdacht erwähnen, welcher bei einer der kriegführenden Par-
teien entstehen konnte, nämlich, daß wir bei der notwendigen Behandlung
von Geschäftsangelegenheiten, welche die gegenwärtig mit dieser kriegführenden
Partei im Kriege stehenden Völker betreffen, uns von nun an nur noch durch
Einflüsterungen derjenigen allein leiten lassen, welche ihre Stimme bei uns
vernehmen lassen können. Was soll man von der wachsenden Schwierigkeit
des Verkehrs zwischen uns und der katholischen Welt sagen, einer
Schwierigkeit, die uns so große Hindernisse in den Weg legte, um über die
Ereignisse ein vollständiges und genaues Urteil zu erlangen, das uns doch
so nützlich gewesen wäre. Was wir bisher gesagt haben, muß genügen, wie
uns scheint, ehrwürdige Brüder, um Cuch zu zeigen, wie unser Kummer
von Tag zu Tag wächst, sei es, daß wir diese kaum der barbarischen
Jahrhunderte würdige Schlächterei betrachten, sei es, daß wir gleich-
zeitig die Lage des Heiligen Stuhles feststellen, die immer schlechter
wird. Ihr Euererseits — wir sind dessen gewiß deswegen, weil Ihr an
den Sorgen teilnehmt, die uns kraft unseres apostolischen Amtes auferlegt
sind — schließt Euch dieser zwiefachen Qual unseres Herzens an. Ebenso
denken wir, daß das ganze christliche Volk einen Widerhall unseres Schmerzes
bildet. Aber warum sollten wir den Mut verlieren, wenn der Fürst der
Hirten, Jesus Christus, uns versprochen hat, daß sein Beistand nie der
Kirche fehlen wird, am wenigsten in schwierigen und stürmischen Augen-
blicken? Lassen wir darum unsere vertrauensvollen Gebete bis zum ge-
liebtesten Erlöser der Menschen emporsteigen, begleitet von MWerken der
Barmherzigkeit und Bußfertigkeit, damit sein erbarmungsreiches Herz die
Leiden abkürzen möge, unter denen gegenwärtig die unglückselige Mensch-
heit kämpft.