Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Schweiz. (Juni 18.) 1021 
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des Milchpreises. Der Frage der Monopolisierung weiterer Handelszweige, 
eventnuell eines staatlichen Mithandelsbetriebes, stehe der Bundesrat nicht 
ablehnend gegenüber. Auch der staatliche Ankauf von Kartoffeln werde 
geprüft und ferner soll geprüft werden, wieweit durch Festsetzung der Höchst- 
preise die Preise günstig beeinflußt werden können. Er appelliert zum 
Schluß unter lebhaftem Beifall an die Solidarität aller Kreise und ver- 
sichert, es sei das Bestreben des Bundesrats, einen billigen Ausgleich zwischen 
den Interessen der verschiedenen Stände herzustellen. 
18. Juni. (Ständerat.) Mitteilungen über einen schweizeri- 
schen Einfuhrtrust. 
In Beantwortung einer Interpellation Wynigers (Luzern, kath.-konf.), 
durch die der Bundesrat um Ausfschluß ersucht wird über seine Absichten 
hinsichtlich der Organisation der Einfuhr von Lebensmitteln und Rohstoffen 
im weiteren Verlauf des Krieges, macht Bundesrat Hoffmann, Vorsteher 
des politischen Departements, folgende Mitteilungen: Die wirtschaftliche 
Lage der Schweiz ist viel ernster, als sie gemeinhin beurteilt wird. Durch 
die Machtverhältnisse tat sich ein weiter Graben auf zwischen dem, was 
von Rechts wegen die Stellung unseres Landes wäre, und dem, wie sich 
tatsächlich unser wirtschaftliches Leben abspielen muß. Es ist völlig aus- 
geschlossen, daß sich die Schweiz gegen die eine oder andere Gruppe der 
Kriegführenden vollständig abschließt. Will die schweizerische Industrie 
lebensfähig erhalten bleiben, muß sie mit den Erzeugnissen der eingeführten. 
Rohstoffe und Halbfabrikste auch ins feindliche Ausland (vom Standpunkte 
der Kriegführenden gesprochen) hinausgelangen können. Es muß der 
Schweiz möglich bleiben können, das, was sie für die Aufrechterhaltung. 
ihres wirtschaftlichen Lebens ebenso zwingend bedarf, auf dem Auzgleichs- 
wege zu erlangen. Dazu steht uns in erster Linie die Eigenproduktion zur 
Verfügung. Allein die Kleinheit des Landes und die Abhängigkeit seiner 
Industrie machen es notwendig, auch mit eingeführten Waren zu kompen- 
sieren. Der Redner erörtert dann in dieser Hinsicht die gegenwärtige 
Lage der Schweiz, die er als sehr unbefriedigend bezeichnet. 
Zur Behebung dieses Uebelstandes bleibt nichts übrig, als eine Ein- 
fuhrorganisation, einen sog. Einfuhrtrust, zu schaffen. Dieser Trust 
soll eine zuverlässige, vertrauenswürdige und ausschließlich nationale Kon- 
trolle schaffen; er soll die freie Verwertung der schweizerischen Produkte 
und der eingeführten Waren ermöglichen, soweit nicht die mit dem Kriegs- 
zweck zusammenhängenden Interessen der einzelnen Kriegführenden dem 
entgegenstehen; er soll der schweizerischen Volkswirtschaft die Möglichkeit 
verleihen, das, was ihr zu einer befriedigenden Tätigkeit notwendig ist, 
auf dem Kompensationswege zu beschaffen, und ihr nicht nur die Ver- 
fügung über die Inlandsprodukte verschaffen, sondern auch, soweit möglich, 
über gewisse importierte Waren einräumen, und er soll ferner der Industrie 
nach Möglichkeit die Benutzung des Veredelungsverkehrs sichern. Der Redner 
erörtert sodann die Organisation des geplanten Einfuhrtrustes und betont, 
daß es sich nicht um die Gründung einer staatlichen Institution handle. 
vielmehr um eine rein private Gesellschaft, was eine völlige Unabhängigkeit 
und Neutralität gewährleiste. Der zu bildende Verband ist als ein aus 
Vertrauenspersonen ausschließlich schweizerischer Nationalität zusammen- 
gesetzter Verein gedacht, der Rohstoffe, Halbfabrikate und Fabrikate in der 
Schweiz einführt und sie unter den Verpflichtungen an Syndikate oder 
einzelne Importeure abgibt, die das exportierende Land als Bedingung an 
die Aus- oder Durchfuhr knüpft; der Verein wird die Einhaltung der Ver- 
pflichtungen überwachen. Eine solche Organisation kann von der Schweiz
	        
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