Schweiz. (Juli 9.—August 1.) 1023
stellungen, die solche Beschimpfungen gegenüber einem fremden Volke, dessen
Staatsoberhaupt oder dessen Regierung enthalten, ausstellt, in Verkehr
bringt oder feilhält, wird mit Gefängnis bis zu 3 Monaten oder mit Geld-
buße bis zu 1000 Franken bestraft, wobei auch hier beide Strafen verbunden
werden können. Die Strofoerfolgung, die nach geltendem Recht nur auf
Antrag des Beleidigten stattfinden konnte, kann nunmehr auf Grund des
jeweiligen Beschlusses des Bundesrats auch dann stattfinden, wenn der
Beleidigte keinen Antrag gestellt hat. Die Beurteilung erfolgt durch das
Bundesstrafgericht. Der Bundesrat ist befugt, Drucksachen, Bilder oder
andere Darstellungen beschimpfender Art und die zur Herstellung speziell
bestimmten Werkzeuge einziehen zu lassen, auch dann, wenn eine Straf-
verfolgung nicht eintritt. Die Verordnung tritt am 15. Juli in Kraft.
9. Juli. Anleihe.
Zur weiteren Deckung der Mobilisationskosten beschließt der Bundesrat,
eine 4½ % ige Anleihe im Nominalbetrage von 100 Millionen Franken auf-
zunehmen. (Die Zeichnungen erreichen den Betrag von über 190 Millionen
Franken.)
10. Juli. Regelung der Käse-Ausfuhr.
Das Schweizer Volkswirtschafts-Departement beschließt, vom 1. Sep-
tember an die Ausfuhrbewilligung für Käse nur noch der Genossenschaft
der Schweizer Käseexportfirmen in Bern zu erteilen mit der Verpflichtung,
stets ausreichende Bestände für das Inland zu halten und den Käse zu
bestimmten, von der Bundesbehörde genehmigten Preisen abzugeben.
27. Juli. Der Bundesrat erläßt eine neue Zensurverordnung.
Die militärische Preßkontrolle soll hiernach ausschließlich militä-
rische Nachrichten betreffen. Die politische Preßkontrolle betrifft alle für
die Oeffentlichkeit bestimmten Drucksachen in Schrift und Bild. Behufs ein-
heitlicher Handhabung bestimmt der Bundesrat eine Preßkontrollkommission
von fünf Mitgliedern, wovon zwei Vertreter des Vereins der schweizerischen
Presse sind. In bezug auf die Verwarnung und Suspendierung inländischer
Preßorgane hat die Kommission keine entscheidenden Befugnisse, sondern nur
den Auftrag, beim Bundesrat von Fall zu Fall Anträge zu stellen. Dagegen
ist die Kommission befugt, zu verbieten die Einfuhr und Beförderung in
unverschlossenen Postsendungen, die Ausstellung oder Verbreitung von Druck-
sachen, welche die guten Beziehungen der Schweiz zu andern Mächten ge-
fährden, mit der Neutralitätsstellung der Schweiz unvereinbar sind oder
unter die Verordnung betreffend die Beschimpfung fremder Staatsober-
häupter fallen. Zuwiderhandlungen gegen die Verordnungen der Presse-
kontrollkommission oder Polizeiverfügungen, die, gestützt auf jene, erlassen
worden sind, werden gemäß der Verordnung betreffend die Staatsbestim-
mungen für den Kriegszustand bestraft. Die Zenfurverordnung tritt am
31. Juli in Kraft. Ueber den Zeitpunkt der Außerkraftsetzung wird der
Bundesrat Beschluß fassen.
1. Aug. (Bellinzona.) Bundespräsident Motta hält am
Nationalfest eine große patriotische Rede.
Der Redner schildert die historische Entwicklung des schweizerischen
Bundes und erörtert die Lage der Schweiz inmitten der kriegführenden
Mächte. Die Politik der Schweiz könne nie eine andere sein als die der
freimütig erklärten und loyal beobachteten Neutralität, zu deren Aufrecht-
haltung die Schweiz zu allen Opfern bereit sei und immer bereit gewesen
sei. Der Redner feiert alsdann das schweizerische Heer als Werkstätte der
Europäischer Geschichtskalender. LVI. 65