Gresibritannien. (Februar 12./13.) 733
Mitteilung des Ministers geht hervor, daß angeblich die Weizenproduktion in
Großbritannien im Jahre 1914 größer war als im Vorjahre und daß auch die
Weizeneinfuhr in der zweiten Hälfte des abgelaufenen Jahres, also nach Aus-
bruch des Krieges, größer war als im selben Zeitabschnitt des Vorjahres. Als
Urfachen für die gegenwärtigen hohen Weizenpreise gab Asquith
an, daß Australien diesmal sehr wenig zu exportieren hatte, daß die hohen
Preise in Indien zu einem Ausfuhrverbot führen und daß die argentinische
Ernte infolge innerer Transportschwierigkeiten um drei Wochen später an Land
kam. Auch durch die Schließung der Dardanellen seien 10 Millionen Scheffel
aufgehalten. Die Verwüstung der Ernte in Nordfrankreich führte dazu,
daß Frankreich mit England einen Wettbewerb um den Weizen eingehen
mußte. Die Erhöhung der Frachten habe keinen sehr starken Einfluß auf
die Weizenpreise. Nach dem Monate Juni würde genügend Weizen ver-
jügbar sein. Fleisch sei genügend vorhanden. Lier sei die Preissteigerung
fjast ganz dem grosen Bedarf der Armce zuzuschreiben. Asquith verteidigte
hierauf das von der Regierung eingeführte Zuckermonopol und sagte, die
Vorräte würden für viele Monate ausreichen. Die Zuckerpreise seien kaum
höher als in den Vereinigten Staaten und würden wahrscheinlich schon in
den nächsten Wochen sinken. Bei der Kohle spielten die Frachtpreise zweifel-
los eine große Rolle. Durch die Verwendung feindlicher Schiffe sei es ge-
lungen, die Frachtsätze zu verbilligen. Da 13,0% aller Bergarbeiter für die
Armee angeworben und nur 3,1% neuer Kräfte aufgebracht worden seien,
sei auch die Förderung zurückgegangen. Soweit die Rohlenpreise auf die ver-
minderte Förderung zurückzuführen seien, könne die Regierung nicht viel tun.
Bezüglich des Schiffsraummangels sagte Asquith: Mit dem Rriegs-
beginn wurden die gesamten Handelsflotten Deutschlands und Oesterreichs
außer Betrieb gesetzt, was einer Verminderung der Weltschiffahrt um 14%
gleichkomme. Die Admiralität benötige für die Transportzwecke ein Fünftel
der gesamten britischen Tonnage, d. i. 10 % der Welttonnage. Man hoffe,
dem Mangel an Schiffen bald abhelfen zu können. Durch die Anwerbungen
für die Armee seien viele Tausende von Arbeitskräften aus den Berufen
gezogen worden. Von den Eisenbahnangestellten seien allein 72000 in die
Armee eingetreten. Asquith sprach sich dafür aus, daß zeitweise ausläu-
dische Arbeitskräfte herangezogen werden, um der Not an Arbeitern ab-
zeuhelfen. Die Entfernung der Untertanen seindlicher Staaten von den
britischen Schiffen habe die Zahl der verfügbaren Seelente um 15% ver-
mindert, was einen Mangel an Besatzungsmannschaften zur Folge hätte.
BWas den Vorwurf schlechter Organisation in den britischen Häfen betresfe,
so mache diese sich nur in Liverpool und London fühlbar. Die Eisen-
bahnen, die durch die Militärtrausporte stark in Anspruch genommen seien,
würden den an sie gestellten Anforderungen in wachsendem Maße gerecht.
Sir Edward Grey antwortet noch auf eine Anfrage, warum er dem
fran zösischen Botschafter und dem britischen Kabinett die im Anhange II
des französischen Gelbbuches enthaltenen Telegramme über den deutschen
Versuch, von Großbritannien eine Garantie für die französische
Neutralität zu erhalten, vorgelegt habe. Grey verwies auf die von Lord
Cecil am 28. August gegebene Antwort, aus der klar hervorgeht, daß über
die Natur des Vorschlages, den der deutsche Botschafter machte, vollständiges
Mißverständnis herrschte, und daß deshalb über diese Angelegenheit der
französischen Regierung von dem britischen Kabinett vor dem 3. August
nichts mitzuteilen war. Wenn Deutschland, wie zuerst angenommen wurde,
vorschlug, daß es neutral bleiben würde, wenn Frankreich neutral bliebe,
so würde er es, fuhr der Staatssekretär fort, natürlich der französischen
Regierung mitgeteilt haben. Es stellte sich jedoch heraus, daß der deutsche