1030 Schmeis. (November 20.—Dezember 8.)
ihre reine Alpenwelt als das Symbol einer in den Werken des Geistes
wiederversöhnten Menschheit vor Augen zu stellen. Der Bundespräsident
gibt schließlich dem Vertrauen Ausdruck, daß die Jugend immer besser das
Wesen der Nation erkennen werde. Es gebe weder eine deutsch-schweizerische
noch französisch-schweizerische noch italienisch-schweizerische Nation, sondern
nur eine einzige, die schweizerische Nation, die sich bei aller Freund-
schaft zu den Mutterkulturen, aus denen sie geschöpft, doch in erster Linie
auf die grundlegende Einheit des freien demokratischen Wollens gründe.
20./21. Nov. (Aarau.) Parteitag der Schweizer Sozialdemokratie.
Er nimmt zunächst Stellung zur internationalen Zimmerwalder
Konferenz für den Frieden. Der Antrag, den Zusammentritt der Konferenz
grundsätzlich zu begrüßen und die von ihr angestrebte Aktion ideell und
materiell zu unterstützen, sowie den Minderheiten in den kriegführenden
Ländern die Sympathie der Partei zu entbieten, wird mit 350 gegen
51 Stimmen angenommen. Ein Zusatzantrag, der die Ansicht ausspricht,
daß der Friede nicht durch Fortsetzung des Krieges, sondern nur durch die
revolutionäre Aktion der Arbeiterklasse erreicht werden kann, geht mit 258
Stimmen gegen 141 durch, wobei sich eine größere Anzahl ihrer Stimme
enthält.
Im Anschluß an diesen Punkt der Tagesordnung beschließt der Partei-
tag, die Initiative auf Abschaffung des Militärstrafrechts und der
Militärgerichtsbarkeit noch während der Mobilisation einzuleiten.
p Der Parteitag stimmt ferner grundsätzlich der Vereinheitlichung der
artei zu.
Der Parteitag nimmt noch eine Reihe von Thesen zur Wirtschafts-
politik und Finanzreform des Bundes an, deren wichtigste die For-
derung eines ständigen staatlichen Getreidemonopols und die Vorbereitungen
zur Einführung einer dauernden direkten progressiven Bundessteuer sind.
Einstimmig wird auch gegen die verfassungswidrige Einschränkung der
Pressefreiheit durch die Militärjustiz Protest erhoben.
26. Nov. Der Bundesrat setzt Höchstpreise für Zucker, Käse
und Butter fest.
6. Dez. Zusammentritt der Bundesversammlung.
Der Nationalrat wählt zum Präsidenten den bisherigen Vize-
präsidenten Arthur Eugster-Appenzell (freif.).
Der Ständerat wählt zum Präsidenten den bisherigen Vize-
präsidenten Python-Freiburg (kath.-kons.).
8. Dez. (Nationalrat.) Beratung des Voranschlags für 1916.
Nach dem Voranschlag für 1916 sind im Jahre rund 40 Millionen
Franken mehr aufzubringen als bisher. Nationalrat Speiser-Basel teilt mit,
daß der Ertrag der einmaligen Kriegssteuer, der etwa 80 Millionen ausmachen
werde, nur für die Verzinsung der Mobilisationsschuld, nicht aber, wie
man gehofft hatte, für die Tilgung eines Teils der Kapitalschuld reichen
werde. Die Annahme des Tabakmonopols durch das Volk sei unsicher. Die
direkte Bundessteuer während der nächsten Jahre sei ausgeschlossen, da die
Kantone infolge des Krieges die Steuerschraube aufs schärfste angezogen
haben. Speiser empfiehlt unter Hinweis auf das deutsche Muster Stempel-
steuern, die zugleich den Vorteil des einheitlichen eidgenössischen Wechsel-
stempels mit sich bringen würden, ferner eine eidgenössische Besteuerung der
Aktiengesellschaften und eine Nachlaßsteuer. — Bundespräsident Motta
spricht für ein Tabakmonopol. Die sozialdemokratische Gruppe will das