Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Schweden. (August 12.—September 13.) 1067 
berg angenommenen Beschlußanträge überreicht. Hierbei erklärt 
der Ministerpräsident: 
In Uebereinstimmung mit den abgegebenen Neutralitätserklärungen, 
sowie den verschiedentlich vom König ausgegangenen unzweideutigen Kund- 
gebungen ist es unser heißer Wunsch, den Frieden zu bewahren, und es 
ist unsere Pflicht, mit allen Kräften hierfür zu wirken. Aber wir rechnen 
auch mit Eventualitäten, in denen die Aufrechterhaltung des Friedens trotz 
aller Bemühungen für Schweden nicht mehr möglich ist. Welches diese 
Eventualitäten in diesem Weltkriege sind, wäre aus verschiedenen Gesichts- 
punkten ungeeignet, jetzt anzugeben. Gewiß ist es, daß es außer dem 
äußersten Falle einer feindlichen Invasion in unser Land auch noch andere 
Fälle gibt, die als diesem gleichbedeutend in Betracht gezogen werden 
müßten. Der Ministerpräsident spricht die Hoffnung aus, daß diese Neu- 
tralitätspolitik in allen Lagern des schwedischen Volkes und bei allen 
politischen Parteien eine mächtige Stütze finden werde. Er wolle nicht 
glauben, erklärt Hammarskjöld, daß die schwedischen Friedensfreunde, die 
kräftig gegen Mißstände aufträten, auch gegenüber drohenden äußeren 
Mißständen, die nur mit Gewalt abgewendet werden können, eine einfache 
Friedenspolitik empfehlen würden, die darin bestände, alles zu ertragen, 
ohne etwas für Schwedens Recht und Freiheit einzusetzen. Es wäre in 
der Tat gefährlich, wenn durch Empfehlung des Krieges als wünschens- 
wert die Vorstellung Wurzel faßte, daß Schweden den Krieg wünsche, aber 
gleich gefährlich wäre es, wenn man auf gewisser Seite die Ueberzeugung 
bekäme, daß Schweden unter allen Umständen den Frieden wolle und 
deshalb ohne eigentliche Gefahr nach Belieben behandelt werden könne. 
Der Ministerpräsident weist auf die besondere Gefahr hin, welche sowohl 
die Kriegs- wie die Friedensagitation mit sich bringen könne, weil beide 
Parteien einander zu immer größerer Einseitigkeit aushetzten. Dadurch 
kann, fährt der Minister fort, die Einigkeit verdunkelt werden und sogar teil- 
weise verschwinden, diese Einigkeit, die doch hoffentlich im großen und ganzen 
vorhanden ist, und die mehr als jemals notwendig ist. Jetzt ist nicht Zeit, 
für extreme Doktrinen oder Lieblingsideen zu kämpfen, sondern es gilt, zu- 
sammenzuhalten, um unser Erbe in allem unvermindert und unverletzt für 
unsere Nachkommen zu bewahren. Es sei erklärlich, daß die schwedischen 
Friedensfreunde Schwedens Eingreifen zugunsten des allgemeinen Friedens 
wünschten, aber die Sache sei nicht so einfach, wie mancher vielleicht glaube. 
Auf internationalem Gebiete gelte in besonders hohem Maße der wenig er- 
munternde Satz: „Wer sich ungebeten einmischt, erntet Undank!“ und was 
noch schlimmer sei, ein Eingreifen zu ungeeigneter Zeit und in ungeeigneter 
Weise nütze nicht nur nicht, sondern bringe großen, unheilbaren Schaden. 
12. Aug. Die schwedisch-englischen Verhandlungen über 
die schwedischen Einfuhr= und Postverhältnisse, sowie über den 
englisch-russischen Durchgangsverkehr werden ausgesetzt, da die beider- 
seitigen Unterhändler bei ihren Regierungen weitere Anweisungen 
einholen müssen (s. 31. Oktober). 
18. Aug. Der ehemalige Minister des Auswärtigen, Graf 
Ehrensvärd, wird zum Gesandten in Bern ernannt. 
13. Sept. Die deutsche Regierung hat Schweden sowie Nor- 
wegen die Erlaubnis eingeräumt, Telegramme nach Amerika durch 
die Funkenstation von Nauen abzusenden.
	        
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