1074 Norwezen. (April 23.—Juni 22.)
Der Ertrag soll zu Verteidigungszwecken Verwendung finden. Der
Ministerpräsident führt aus, hauptsächlich müßten die Reeder herangezogen
werden, da sie augenblicklich sehr großen Verdienst hätten.
23. April. Der Staatsrat beschließt die Einbringung eines
Gesetzes über eine Brief= und Telegrammkontrolle.
Sie soll auch in Friedenszeiten angewandt werden gegenüber solchen
Absendern, die im Verdacht stehen, Ungesetzlichkeiten zu begehen. Weiter
schlägt der Staatsrat ein Gesetz vor, das allen staatlich Angestellten das
Streikrecht nimmt und ihre Absetzung gestattet, falls ein Beamter über-
flüssig ist.
23. April. Statt des erkrankten Finanzministers Omholdt wird
der Stiftamtmann und frühere Minister Blehr Finanzminister.
Omholdt war heftig vom Parlament angegriffen worden, da die Staats-
kasse beim Kriegsausbruch wegen ihrer unvorteilhaften Anleihepolitik fast
leer war und die Anleihen nur mit Mühe und zu außerordentlich hohem
Zinssatze von England und Amerika übernommen wurden.
24. 27. April. (Storthing.) In einer Reihe geheimer
Sitzungen wird über die Lage Norwegens und den Weltkrieg,
sowie über außerordentliche Verteidigungsmaßregeln beraten. Die
gesamten Rüstungsforderungen des Kriegsministers werden an-
genommen.
Der Kriegsminister sah sich bei den Beratungen veranlaßt mehrere
Male die Vertrauensfrage zu stellen, da die Mehrheit an den Forderungen
Abstriche machen wollte.
3. Mai. Die Banderolestempelsteuer auf Zigaretten,
Zigarren und Streichhölzer tritt in Kraft.
Die Steuer für die Schachtel Streichhölzer beträgt 1½ Oere, wodurch
eine Verteuerung von fast 100 % herbeigeführt wird. Für die Ausfuhr
fällt die Steuer fort. Die Steuer für Zigarren und Zigaretten beträgt un-
gefähr 20% des Wertes. Den Gesamtertrag der Steuer veranschlagt die
Regierung für Zigarren und Zigaretten auf 1½ Millionen Kronen, für
Streichhölzer auf 800000 Kronen.
8. Juni. (Storthing.) Die Anleihebefugnis wird der Re-
gierung von 18 Millionen auf 60 Millionen Kronen erhöht.
Der Betrag soll hauptsächlich der Verproviantierung des Landes dienen.
10. Juni. (Storthing.) Der Finanz= und Militärausschuß
stellt den Antrag auf Bewilligung von weiteren 10 Millionen
Kronen für Aufrechthaltung der Neutralität in dem Umfange,
wie ihn die Kriegslage in Europa erheischt.
Die sozialistischen Mitglieder des Ausschusses stimmen dagegen.
22. Juni. (Storthing.) Beschwerden über die Torpedierung
norwegischer Schiffe durch deutsche Unterseebote.
Der Minister des Aeußern Ihlen gibt Aufklärung darüber, welche
Schritte die Regierung unternommen habe aus Anlaß der vielen Schwierig-
keiten, die die kriegführenden Mächte der norwegischen Schiffahrt be-