Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1090 Rußland. (Februar 13. 16.) 
Bevor sie auseinandergeht, spricht sie noch folgende Wünsche aus: 
1. daß die Regierung so rasch wie möglich die nötigen Maßregeln er- 
greifen solle, um denjenigen Gouvernements, die durch die Kriegsoperationen 
leiden, die nötige Hilfe zu gewähren; 2. daß die Regierung einen Ent- 
wurf vorlege zur Ergänzung des Gesetzes über die Pensionen und Zulagen 
für Kinder und Witwen sowie für die Pensionen für elternlose Kinder der 
auf den Schlachtfeldern gefallenen Soldaten; 3. daß die Reservesoldaten, 
die augenblicklich Polizeidienst tun, unter die Waffen gerufen werden und 
daß sie durch solche Soldaten ersetzt werden, die den Dienst beim Heere 
verlassen haben, aber doch noch imstande sind, Polizeidienst zu verrichten, 
ferner 4. daß eine Kommission beim Ministerium des Aeußern ernannt werde, 
die eine Untersuchung vornehmen solle über die Fälle der Völkerrechtsverletzung 
und des Einbruchs gegen die Kriegsgebräuche, die durch die Deutschen, Oester- 
reicher und Türken begangen worden sind und über den Schaden, der öffent- 
lichen Einrichtungen, Genossenschaften und Privaten durch den Krieg ent- 
standen ist. 
13. Febr. (Reichsrat.) Schlußsitzung. 
In der Schlußsitzung hebt der Redner der Rechten, Gurko, hervor, 
daß angesichts der großen Weltereignisse alle politischen Elemente in Ruß- 
land sich in dem Gedanken des einheitlichen, großen, russischen Staates 
vereinigt hätten. Er spricht die Hoffnung aus, daß der gegenwärtige Krieg 
die jahrhundertealten Zwistigkeiten zwischen dem russischen und dem 
polnischen Volke endgültig verschwinden lassen werde. Zum Schlusse 
seiner Rede sagt Gurko: Wir hoffen auch, in Konstantinopel festen 
Fuß zu fassen, denn der Besitz dieser Stadt kann allein unsere wirkliche 
Vereinigung mit den Südflawen herbeiführen und den Einfluß des Ger- 
manentums zerstören, der jetzt bei ein zelnen Teilen dieser Slawen herrscht. 
Wir hoffen dies um so mehr, als das ständige Hindernis dieser Vereinigung, 
insbesondere der Widerstand derjenigen Staaten, die wir heute als unsere 
Verbündeten schätzen, beseitigt ist. 
16. Febr. Das Gesetz über den Grundbesitz von Untertanen 
feindlicher Staaten tritt in Kraft. 
Das Gesetz richtet sich gegen den Landbesitz und den Besitz unbeweg- 
lichen Eigentums von Reichsdeutschen, Oesterreichern, Ungarn und 
Türken im Gouvernement Petersburg, in den Ostseeprovinzen, in Finn- 
land, den Westgebieten Rußlands, im Dongebiet, Kaukasus und Amurgebiet 
und macht ihnen ein Ende. Das Gesetz kann, falls erforderlich, auch auf 
andere Reichsteile ausgedehnt werden. Durch die neuen Bestimmungen 
verlieren die erwähnten Staatsangehörigen das Recht, in Rußland Grund- 
besitz und unbewegliches Eigentum zu erwerben, zu pachten, ja selbst zu 
verwalten. Für die Veräußerung ihres Grundbesitzes und unbeweglichen 
Eigentums wird den Betroffenen eine halbjährige Frist bewilligt, nach 
deren Ablauf dasselbe öffentlich versteigert wird. Zur Veräußerung des 
Untertanen feindlicher Länder durch Erbschaft zufallenden unbeweglichen 
Eigentums sind zwei Jahre angesetzt. Nach Ablauf der Frist gelangt es 
zur öffentlichen Versteigerung. Das Verbot des Erwerbs von Landbesitz 
und unbeweglichem Eigentum erstreckt sich auch auf deutsche, österreichische, 
ungarische und türkische Gesellschaften, deren Operationen in Rußland zu- 
gelassen sind, und ebenso auf Gesellschaften, die auf Grundlage russischer 
Statuten operieren, falls sich unter ihren Teilnehmern Untertanen feind- 
licher Staaten befinden. Zur Durchführung der Bestimmungen in der 
kurzen Frist von sechs Monaten wird dem Minister des Innern und in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.