Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Grehbriiaunien. (März 9.) 743 
Es heißt hier u. a.: „Warum haben wir Belgiens Neutralität ver- 
bürgt? Aus dem überwiegenden Grunde der Selbstinteressen, aus dem 
Grunde, der uns immer dem Aufkommen irgendeiner Großmacht wider- 
setzen hieß, die unserer Ostküste Gefahr bedeutete, aus demselben Grunde, 
der uns die Niederlande gegen Spanien verteidigen ließ und gegen das 
Frankreich der Bourbonen und Napoleons. Herr v. Bethmann Hollweg 
hat ganz recht. Selbst wenn Deutschland nicht in Belgien eingedrungen 
wäre, würden Ehre und Interesse uns mit Frankreich vereinigt haben.. 
In diesem Krieg kämpft England aus genau denselben Gründen, aus denen 
es Philipp II., Ludwig XIV. und Napoleon bekämpfte.“ (Siehe den un- 
gekürzten Abdruck des Times-Aufsatzes in der Beck schen Chronik des Deutschen 
Krieges Bd. IV S. 74 ff.) 
9. März. Die Admiralität erläßt folgende Ankündigung hin- 
sichtlich der künftigen Behandlung gefangener Offiziere und Mann- 
schaften deutscher Unterseeboote: 
Seit Beginn des Krieges haben S. M. Schiffe alles getan, um deutsche 
Offziere und Mannschaften der zum Sinken gebrachten Schiffe zu retten. 
Ucber tausend sind auch gerettet worden, oft unter schwierigen und ge- 
fährlichen Umständen, während eine gleiche Behandlung britischen Matrosen 
in gleicher Not niemals zuteil geworden ist. Die Offiziere und Mann- 
schaften, die auf diese Weise gesangen worden sind, wurden ihrem Rang 
gemäß behandelt und genossen alle Vorzüge, die der Dienst gestattet, sowie 
in dem Falle der „Emden“ alle üblichen Ehrenbezeugungen. Die Ad- 
miralität fühlt sich jedoch nicht berechtigt, diese ehrenvolle Behandlung auf 
die 29 Offiziere und Mannschaften auszudehnen, die von „U 8“ übernommen 
wurden. Dieses Fahrzeug hat sich in den letzten Wochen in der Meerenge 
von Calais und in dem britischen Kanal belätigt, und es liegt Grund zu 
der Annahme vor, daß es sich des Angriffs auf unbewaffnete Kauffahrtei- 
schiffe, der Versenkung solcher Schisse, des Abfeuerns von Torpedos auf 
Schiffe mit Nichtkämpfern, insbesondere auf Neutrale und Frauen, schuldig 
gemacht hat. Der Dampfer „Oriole“ wird vermißt, und es besteht ernst- 
licher Grund zu der Befürchtung, daß er zu Anfang Februar mit der 
ganzen Bemannung zum Sinken gebracht worden ist. Es ist natürlich sehr 
schwer, solch ein Verbrechen auf Rechnung eines bestimmten Unterseeboots 
zu seßen, und vielleicht wird das Beweismaterial, das zur Feststellung der 
Schuld erforderlich ist, erst nach dem Krieg zu erlangen sein. Inzwischen 
müssen Personen, gegen die solche Anschuldigungen erhoben sind, gewissen 
Beschränkungen unterworfen werden. Man kann ihnen nicht die Vorzüge 
ihres Dienstgrades zugestehen, sowie daß sie den übrigen Kriegsgefangenen 
zugeteilt werden. 
9. März. (Unterhaus.) Lloyd George bringt zum Zweck der Orga- 
nisation der Industrie für die Kriegsarbeit eine Vorlage ein unter dem 
Titel: „Gesetz über die Verteidigung des Reiches"“. Anfragen. 
Lloyd George: Das Gesetz habe bereits bisher dem Staate die Kon- 
trolle über alle Fabriken und Werkstätten für die Fabrikation von RKriegs- 
material übertragen. Das neue Gesetz wolle die Staatskontrolle auf alle 
Werke ausdehnen, die nicht Kriegsmaterial herstellen, aber die hierzu er- 
forderliche Einrichtung besäßen. Der Staat werde diese Etablisse- 
ments daher für die Herstellung von Munition verwen- 
den können. Das Eingreifen des Staates im Falle höherer Gewalt 
würde die Fabrikanten von den Verpflichtungen aus früher eingegangenen
	        
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