Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1144 Kukland. (Dezember 21.—31.) 
tierer, die Besetzung der Stellen in der Verwaltung nur durch echtrussische 
Leute, die Entziehung des Kredites bei allen deutschjüdischen Banken, Mono- 
polisierung sämtlicher Versicherungsgesellschaften, da sie alle in deutschen 
Händen seien, Sammlung von Material gegen Personen mit deutschen 
Familiennamen, ein Verbot an die Banken, auf Teuerungswaren mehr 
als 50% Vorschüsse zu gewähren, und die Verschiebung aller Angelegen- 
heiten durch besonderen Befehl des Zaren, die nicht besonders den Krieg 
betreffen. Ferner verlangt der Kongreß energische Maßnahmen gegen den 
liberalen Block, da er die Grundgesetze Rußlands überschreiten und die 
absolute Macht des Zaren beschneiden wolle. Das Verlangen nach Amnestie 
sei direkt zum Schaden des russischen Volkes; das Verlangen nach Toleranz 
gegenüber Andersgläubigen sei eine unzulässige Begünstigung des Sektierer- 
tums; die bereits gewährte Erleichterung der Lage der russischen Juden 
bedrohe direkt die russische Existenz, da diese jetzt offensichtlich Deutschland 
im Kriege begünstigten; die jetzige Politik gegenüber Finnland sei eine 
direkte Uebertretung des Gesetzes zugunsten der Finnländer; die vom Block 
verlangte Einstellung des Kampfes gegen die Ukrainer enthalte die Gefahr 
einer Zerstückelung Rußlands. Der Kongreß begrüßt die Hinausschiebung 
der Einberufung der Duma freudig und betont, die Semstwos und die 
Stände beabsichtigten offensichtlich, die Staatsgewalt an sich zu reißen. 
A. Dez. Ein kaiserlicher Ukas enthebt den General Rußki 
des Oberbefehls der Nordarmeen unter Belassung seiner Stellungen 
im Reichsrat und im Obersten Kriegsrat. 
In dem Handschreiben, das der Zar an Rußki richtet, heißt es, daß 
die große militärische Arbeit, die der General geleistet habe, um die schwere 
Aufgabe der Verteidigung der Landeshauptstadt zu erfüllen, seine Gesund- 
heit ernstlich angegriffen und Erholung und Pflege dringend notwendig 
gemacht habe. Der Kaiser dankt dem General Rußki für die erzielten 
glänzenden Ergebnisse und spricht die Hoffnung aus, ihn bald wieder an 
der Spitze der Truppen zu sehen. 
24. Dez. (Budgetausschuß der Duma.) Erklärungen zu- 
gunsten der Weiterführung des Krieges. 
Der Minister des Aeußern Ssasonow erklärt auf eine Frage Mil- 
jukows über die Gerüchte betreffs Verhandlungen zugunsten des Friedens, 
daß diese Gerüchte unbegründet und sinnlos seien. Die kaiserliche Re- 
gierung habe die unerschütterliche Absicht, den Krieg zu einem siegreichen 
Ende zu führen. Der Ausschuß nimmt sodann einen von Schingarew ein- 
gebrachten Beschlußantrag an, in welchem nachdrücklich verkündigt wird, 
daß Rußland nicht an Frieden denke, solange die Kraft Deutsch- 
lands nicht gebrochen sei. 
31. Dez. Die Zeichnungen auf die letzte Kriegsanleihe betragen 
945 Mill. Rubel, davon sind gezeichnet durch die Staatsbank 250 Mill., 
durch Privatbanken 600 Mill. und durch die Sparkassen 95 Mill.
	        
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