Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1152 Kürkei. (Juni 4.) 
Die Kaiserlich türkische Regierung setzt diesen Erklärungen 
und Behauptungen den schärfsten Widerspruch entgegen. Es ist 
völlig falsch, daß in der Türkei Massenmorde an den Armeniern statt= 
gefunden hätten. Die Armenier von Erzerum, Terdschan, Eguin, Sassun, 
Bitlis, Musch und von Kilikien waren keinerlei Maßregeln der Kaiserlichen 
Behörden unterworfen, da sie keine Handlung begangen hatten, die die 
öffentliche Ordnung und Ruhe hätte stören können. Daß dies richtig ist, 
wissen übrigens die Konsuln der neutralen Mächte. Die Anklagen der 
Regierungen des Dreiverbandes in dieser Hinsicht sind also erlogen. 
Jeder, der die Verhältnisse im Orient kennt, weiß zur Genüge, daß es die 
Beauftragten des Dreiverbandes, insbesondere diejenigen Rußlands und 
Englands sind, die jede Gelegenheit benützen, die armenische Bevölkerung 
zum Aufruhr gegen die Kaiserliche Regierung anzustiften. Diese un- 
aufhörlichen Umtriebe haben sich seit dem Beginn der Feindseligkeiten 
zwischen dem Osmanischen Reich und den oben genannten Regierungen 
verschärft. So haben ihre Konsuln und anderen Beaufstragten in Bulgarien 
und in Rumänien junge türkische Armenier über Warna, Sulina, Konstanza 
und so weiter nach dem Kaukafus geschickt. Die russische Regierung hat 
sich nicht gescheut, diese jungen türkischen Armenier entweder in ihre 
Armee einzureihen oder sie mit Waffen, Bomben und umstürzlerischen Auf- 
rusen und Programmen versehen, in die armenischen Hauptorte des türki- 
schen Reiches zu senden. Sie sollten in diesen Hauptorten eine geheime 
umstürzlerische Organisation schaffen und die Armenier dieser Gegenden. 
insbesondere diejenigen von Wan, Schatak, Hawassur, Kewasch und Timar 
aufreizen, sich mit den Waffen in der Hand gegen die Kaiserliche Re- 
gierung zu erheben. Zugleich verleitete sie sie dazu, die Türken und die 
Kurden zu ermorden. Als Beispiel dafür wird die Tätigkeit des früheren 
Abgeordneten Witoman Karatin Pasdikmadjian, bekannt unter dem Namen 
Armen Garo, gekennzeichnet, der in die von den armenischen Bandenführern 
Tro und Hedscho gebildete Bande eintrat. An der Spitze von armenischen 
Freiwilligen, die von Rußland bewaffnet waren, zerstörte er, als Bajazid 
von den Russen besetzt wurde, alle türkischen Dörfer, die er auf seinem 
Wege fand, und ermordete die Einwohner. Als die Russen aus dieser 
Gegend verjagt wurden, wurde er verwundet. Gegenwärtig ist er mit 
seiner Bande an der kaukasischen Grenze tätig. Die in Amerika erscheinende 
Zeitung „Asbarez“ hat seine Photographie veröffentlicht, auf der er zu- 
sammen mit Tro und Hedscho abgebildet ist, wie sie eben den feierlichen 
Eid vor dem Auszug in den Krieg leisten. Andere Armenier wurden von 
den englischen Behörden von Zypern in die Umgebung von Alexandrette 
gebracht. Unter ihnen befinden sich Toros, Oglu und Aghop, bei denen 
Papiere gefunden wurden, die unzweifelhaft den angestrebten verbrecherischen. 
Zweck beweisen. Diese Leute haben u. a. einige Züge zur Entgleisung ge- 
bracht. Andererseits traten die Kommandanten der englisch-französischen. 
Seestreitkräfte in Verbindung mit den Armeniern der Gegend von Adana, 
Deut, Yol, Jungurtalik, Alexandrette und anderen Küstenorten und stachelten 
diese zum Aufruhr auf. Die Armenier von Zeitun haben sich bewaffnet gegen 
die Kaiserlichen Behörden erhoben und die Residenz des Gouverneurs umzingelt. 
Angesichts dieser Tatsachen hatte die Kaiserliche Regierung die Pflicht, die 
Revolution zu unterdrücken und die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. 
Das Recht der Kaiserlichen Regierung, alle Maßregeln zu treffen, welche 
die Unterdrückung einer solchen umstürzlerischen und gegen die Reichseinheit 
gerichteten Bewegung erfordert, leitet sich unmittelbar aus ihren oberherrlichen. 
Rechten ab, was niemand bestreiten wird. Außerdem haben diese Maßregeln 
zu Rriegszeiten den Charakter besonderer Dringlichkeit und Wichtigkeit.
	        
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