Türkei. (November 27.) 1167
Diese Adresse gibt dem Dank des Senats an den Allmächtigen für
die Ereignisse in den letzten zehn Monaten Ausdruck, die den Osmanen
und der islamitischen Welt die Ueberzeugung von dem endgültigen Siege
eingeflößt haben. Sie hebt die Tapferkeit der türkischen Armec an den
Dardanellen hervor, deren Leistungen gezeigt haben, daß der Halbmond ein
nie untergehendes Gestirn sei. Es wird weiter erklärt, daß die ununter-
brochenen Siege der Türkei, Oesterreich-Ungarns und Deutschlands den
Sieg des Rechts und der Gerechtigkeit gesichert haben. Der Versuch der
Feinde, den Krieg durch seine Uebertragung auf den Balkan zu entscheiden,
sei dank der weisen Politik der Türkei gescheitert, durch die Bulgarien be-
stimmt wurde, dem Bündnis beizutreten. Schließlich erklärt die Adresse,
der Senat teile voll und ganz die Auffassung des Herrschers, daß der Krieg
so lange dauern müsse, bis die verbündeten Armeen einen vorteilhaften
Frieden gesichert hätten.
27. Nov. In einer Note an die Deutsche Regierung werden
folgende neue Bölkerrechtsverletzungen durch die feindlichen
Streitkräfte zur Sprache gebracht:
Der französische Kreuzer „Jeanne d'Arc“ bombardierte am 24. Mai
d. J. zwei Stunden lang die offene Ortschaft Chica. Am 25. Mai ver-
senkte derselbe Kreuzer einen Segler in dem offenen Hafen von Djumié
und bombardierte das Dorf. Ein anderer französischer Kreuzer belegte
am selben Tage die Reede von Gulluk mit Bomben. „Jeanne d’'Arc“ und
„Ernest Renan“ beschossen am 31. Mai abwechselnd Jaffa und Haiffa.
Am 27. Juni d. J. versenkte ein feindliches Unterseeboot im Marmara-
meer einen Segler und eine Galeere, die mit Kaufleuten gehörenden Eichen
beladen waren.
Anfangs Juli beschoß ein feindlicher Monitor unter dem Schutz eines
Hospitalschiffes die türkischen Stellungen. Dieser Fall ist in dem Bericht
des türkischen Generalstabes vom 6. Juli angeführt.
Am 5. Juli zerstörten russische Hochsee-Torpedoboote in dem Hafen
von Polet-Hané ein Gebäude einer amerikanischen Gesellschaft, auf dem
die amerikanische Flagge wehte.
Am 6. versenkte ein Unterseeboot in dem Marmarameer den Dampfer
„Riga“ und am 7. einen Dampfer vom Schiffdienst des Goldenen Horns
ohne vorherige Warnung.
Die englisch-französischen Dardanellentruppen verwendeten ständig
Geschosse mit betäubenden Gasen.
Am 10. Juli beschoß das französische Kriegsschiff „d’'Entrecasteaux“ in
der Nähe von Elvidi eine Kameelkarawane und am 11. kanonierte der englische
Hilfskreuzer „Indiana“ die Einwohner Viran-Chehirr beim Getreidemähen.
Am 16. und 17. Juli d. J. warfen feindliche Flieger Bomben auf
das Feldlazarett von Havouzlou-Deré und auf die Sanitätskompanie der
19. Division.
Die türkischen Soldaten, die an den Dardanellen den Engländern
und Franzosen in die Hände fielen und nach Mudros geführt wurden, er-
litten eine unmenschliche Behandlung. Sie erhielten nur trockenes Brot und
mußten übermenschliche Arbeit verrichten. Wie man sich später überzeugen
konnte, zwangen die Feinde die türkischen Soldaten in Sedduhl Bahr selbst zu
Fronarbeiten, die mit den Kriegsoperationen unmittelbar zusammenhingen.
Am 16. Juli näherte sich ein englischer Rettungsdampfer dem Dorfe
Dikili und eröffnete auf die friedlichen Einwohner dieses Ortes Maschinen-
gewehrfeuer.
Europeischer Geschichtskalender. LvI. 74