Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1178 Pulzerien. (September 21.—Oktober 2.) 
tralität auszusprechen, wobei es jedoch die Beratungen und Verhandlungenr 
mit den Vertretern beider kriegführenden Gruppen fortsetzt. 
21. Sept. In der Sitzung der liberalen Partei teilt Minister= 
präsident Radoslawow mit, die türkisch-bulgarische Verstan- 
digung sei Tatsache und er könne den Abgeordneten die Einzel- 
heiten des Vertrages mitteilen. 
Der Vertrag wurde vom König und vom Sultan und den Ministern 
des Aeußern der beiden Länder gefertigt. Nach diesem Vertrage erdäun 
Bulgarien die Landesteile westlich der Tundscha; die Grenze verläuft ent- 
lang der Tundscha bis zu einem Punkte nicht weit von Adrianopel, we 
sie nach Westen abbiegt. Karagatsch wird bulgarisch, ebenso die große 
Brücke über den Maritzafluß, die Adrianopel mit Karagatsch verbindet. 
Die Maritza wird bulgarisch, auch erhält Bulgarien das Recht der Aus- 
nützung des Maritzawassers. Die Servitutsrechte aber, die türkische Unter- 
tanen dort haben, bleiben aufrecht, auch jene der Bulgaren in demienigen 
Flußteile, der in türkischem Besitz bleibt. 
24. Sept. (Domitika.) Bei einer Zusammenkunft, die zwischen 
dem Bezirkshauptmann von Stara--Sagora, dem Kommandanten 
von Dedeagatsch, dem Bürgermeister von Adrianopel und dem 
Kommandanten von Karagatsch stattfand, erfolgte die feierliche 
Übergabe des türkischen Gebietes an Bulgarien, worauf das 
Protokoll über die Übergabe unterfertigt wurde. Die Größe des ab- 
getretenen Gebietes beträgt ungefähr 3000 OQuadratkilometer. 
28. Sept. König Ferdinand richtet an den König von 
Griechenland ein Telegramm, in dem er die bündige Versiche- 
rung gibt, daß mit der bulgarischen Mobilmachung keinerlei Ab- 
sichten eines Angriffes auf griechisches Gebiet verbunden seien. 
Bulgarien lege im Gegenteil großen Wert auf den Ausbau der 
zwischen beiden Ländern bestehenden guten Beziehungen. 
2. Okt. Ministerpräsident Radoslawow empfängt eine Ab- 
ordnung der Mitglieder der mit der Genadiewgruppe abermals ver- 
einigten Stambulowpartei. Sie ersucht den Ministerpräsidenten, die 
Partei über die Balkanlage zu orientieren. Radoslawow erklärt: 
Bulgarien kann mit Recht erhoffen, daß seine Situation sich vorteil- 
hafter als bisher gestalten wird. Die für die nächste Zukunft voraussicht- 
lichen weiteren Ereignisse versprechen sehr vorteilhafte Resultate. Bulgarien 
wird seine Grenzen gegen Nordwesten und Süden ausdehnen. Unser Ver- 
hältnis zu Rumänien ist herzlich. Der zwischen Rumänien und den Zentral- 
mächten aufgetauchte Konflikt ist bereits beigelegt. Rumänien wird während 
der ganzen Dauer der Offensive der Zentralmächte gegen Serbien neutral 
bleiben, auch in dem Falle, wenn am Balkan neue Komplikationen ent- 
stehen. Die rumänische Regierung gab eine Erklärung ab, wonach sie be- 
züglich Serbiens desinteressiert sei. Griechenlands Haltung während der 
Offensive der Zentralmächte gegen Serbien werde identisch mit Rumäniens 
Haltung sein.
	        
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