Rumãnien. (Oltober 3.) 1193
näckigen Widerstand fände. Man weiß, daß dies nicht richtig ist. Die
Politik der Regierung ist ihre eigene Politik, die das Vertrauen des Königs
besitzt und die von der Mehrheit des Parlaments gebilligt wird, für die
sie allein die Verantwortung trägt. Die Krone in den politischen Kampf
hineinzuziehen, ist ungerechtfertigt und verbrecherisch. Alle Unterrichteten
wissen, daß die Forderungen Rumäniens auch die Forderungen des Königs
sind. Es hieße ihn beschimpfen, wenn man behauptete, daß in entscheidenden
Augenblicken der König auf einer anderen Seite stehe. Eine solche Agitation
zu beginnen ist Verbrechen, weil das Land heute mehr als je Einigkeit
nötig hat, sowie die Sammlung aller Kräfte, zu deren mächtigsten die
Dynastie gehört. Die rumänische Dynastie ist weder Improvisation, noch
ist sie vom Auslande aufgedrängt. Die Erfüllung unseres Geschickes darin
zu sehen, daß die Grundlage unserer Macht erschüttert wird, ist Verirrung,
die der gesunde Sinn des Volkes mit Entrüstung zurückweisen wird. Ru-
mänien könnte nicht zugeben, daß ihm Interessen zuliebe, die wir heute
nicht untersuchen wollen, das Schicksal Polens bereitet wird. Wir wollen
glauben, daß eine andere Auffassung der patriotischen Pflicht platzgreifen
wird, andernfalls sind wir sicher, daß die Regierung als treuer Ausdruck
der Gefühle des Volkes die grundlegenden Einrichtungen des Staates zu
verteidigen wissen wird; denn wir haben die Ueberzeugung, daß auf diese
Art die wahren Interessen des Landes verteidigt werden, nicht aber, indem
in schwierigen Augenblicken Hader geweckt oder indem die Türen für alle
Abenteuer und Katastrophen weit geöffnet werden.
3. Okt. Am Geburtstag des Thronfolgers Prinzen Karl richtet
der König an diesen folgende Ansprache:
Lieber Carol! Es ist heute der erste Geburtstag, den Du als Erbe
des Thrones feierst, denn im vorigen Jahre war die Erde, die die sterb-
lichen Ueberreste unseres geliebten Oheims bedeckte, allzu frisch, um in Freude
den Tag zu feiern, wo Du zur Volljährigkeit gelangtest. Dein verewigter
Oheim erwartete diesen Tag mit Ungeduld, und in seinem väterlichen
Herzen wollte er Dich zu Beginn Deines Lebens als Mann mit Worten
voller Liebe und mit Ratschlägen begrüßen, die Dir unausgesetzt als Richt-
schnur gedient hätten.
Für Dich sind die Pforten einer Zukunft voller Aussichten und, wir
wollen hoffen, auch voller Erfolge weit geöffnet. Trotzdem haben schwere
Zeiten des Sturmes die Erreichung Deines heutigen Alters begleitet. In
Deinem warmen Herzen für das Land hat dieses Jahr tiefe Eindrücke
zurückgelassen und Du konntest viele Lehren aus dem riesenhaften Drama
ziehen, das sich rings um uns vollzieht. Aber je dunkler der Horizont ist,
desto lebhafter muß vor Deinen Augen die großartige Gestalt des Königs
Carol I., der Dich wie einen Sohn geliebt hat, und das Beispiel der Selbst-
verleugnung stehen, das er uns als heiliges Erbe zurückgelassen hat; und
wenn Du seine Maxime „nichts für mich, alles für das Land“ und
die Devise unseres Hauses „Nihil sine Deo“ befolgst, dann wirst Du nicht
irre gehen können. #„
Je höher jemand gestellt ist, desto mehr muß er die Größe zu ver-
dienen suchen, zu der das Schicksal ihn berufen hat; nur derjenige wird
geachtet, der gewissenhaft seine Pflichten erfüllt und von einem Prinzen,
der dem Throne nahesteht, verlangt man mehr als von den andern. Ich
kann Dir deshalb nicht genug raten, daß Du Deine Pflichten gegen Gott,
gegen das Land und gegen Dich selber gewissenhaft erfüllest.
Dein Wirkungskreis ist noch eng. Wie alle Sprossen unseres Hauses
bist Du in die edle Laufbahn der Waffen eingetreten; sie ist eine Schule