Lerbien. (August 20.—September 4.) 1213
ersucht die Skupschtina in die Debatte darüber einzutreten, und bittet die
Abgeordneten insgesamt, entsprechend ihrer patriotischen Einsicht ihre An-
schauungen darzulegen.
20. Aug. Ministerpräsident Paschitsch gewährt einem Mit-
arbeiter des „Corriere della Sera“ eine Unterredung.
Paschitsch antwortet ausweichend auf die Frage des Korrespondenten,
ob für die Abtretung an Bulgarien eine bestimmte Grenze, etwa die
Wardar-Linie, in Aussicht genommen sei; der Minister weist darauf hin,
daß Bulgarien bei Kriegsausbruch die serbische Einladung zur Beteiligung
am Krieg ablehnte und Serbien sogar zwang, sich gegen die Einfälle der
bulgarischen Banden und Anschläge auf die Bahn Nisch—Saloniki durch
Aufstellung von Grenztruppen zu schützen. Als der Korrespondent klagte,
daß Serbien durch seinen Vorstoß in Albanien die serbischen Kräfte
zersplitterte und auch eine politische Verwicklung infolge der Besetzung
Skutaris und Alessios durch die Montenegriner heraufbeschwor, erwiderte
Paschitsch, Serbien hat Albanien mit solchen Truppen besetzt, die schon an
der Grenze Albaniens standen. Politische Verwicklungen seien nicht ein-
getreten. Die serbischen Pläne in Albanien hängen natürlich von dem Aus-
gang des europäischen Krieges ab, aber Serbien dulde niemals ein feind-
liches Albanien wie das des Fürsten Wied. Das Gespräch endigte, indem
Paschitsch gegen die beabsichtigte UAnnexion des von Slaven bewohnten
RKüstengebiets durch die Italiener Verwahrung einlegte. Eine solche
Lösung bedeute für die betreffenden Völker keineswegs die Unabhängigkeit
und Freiheit. Wohl wolle und könne Serbien den Italienern nicht die Vor-
herrschaft an der Adria bestreiten, es verlange aber eine Lösung der Küsten-
frage auf Grund des Nationalitätenprinzips.
24. Aug. (Skupschtina.) Der Regierung wird mit 103 gegen
24 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen und in der Frage der
Abtretung eines Teils von Mazedonien freie Hand gelassen.
25. Aug. Die Antwortnote an die Entente wird deren
Vertretern überreicht.
Die serbische Regierung nimmt die Vorschläge der Entente an und ist zu
Gebietsabtretungen an Bulgarien bereit, jedoch nur unter folgenden
Bedingungen: die Abtretung des ersten Teils der Kompensationen, darunter
des Wardargebietes, soll erfolgen, sobald Bulgarien seine Aktion gegen die
Türkei beginnt; die Abtretung des anderen Teils erst bei Friedensschluß.
Unterm 3. September verlautet weiter über den Inhalt der Note, daß
sich Serbien nach Verständigung mit Griechenland bereit erklärt, an Bul-
garien, in seinen Konzessionen über die Wardarlinie noch hinausgehend,
auch noch einen Teil des ehemaligen Wilajets Monastir abzutreten. Doch
soll die Abtretung erst nach Sicherung der neuen serbischen Grenze erfolgen.
4. Sept. Die „Köln. Ztg.“ ist in der Lage, folgendes Gespräch
des Ministerpräsidenten Paschitsch mit einigen Mitgliedern der
Skupschtina wiederzugeben.
Daß die Verhältnisse auf dem Balkan so verworren sind und für den
Vierverband kaum noch zu einem guten Ende führen werden, ist, so äußerte sich
der serbische Ministerpräsident, lediglich die Schuld Englands. Ich kann
heute erklären, daß wir mit Rumänien schon so gut wie einig waren und
dicht vor dem Vertragsabschluß standen. Alles war genau besprochen als