Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1234 Griechenland. (November 3.) 
wer die Verantwortung trägt, und die Verfassung und das Bolk werden 
nicht mißachtet. 
Minister Gunaris: Nachdem er dargelegt, weshalb man von dem 
Kriegsminister nicht erwarten dürfe, daß er sein Bedauern ausspreche, setzt 
er auseinander, daß Venizelos die Verantwortung trage für die Wendung. 
die die Sitzung genommen habe, denn er habe einen unannehmbaren An- 
trag gestellt. Sodann geht er zur Frage der äußeren Politik über: Unsere 
Politik soll Gefahren bringen, die sich in einigen Jahren verwirklichen sollen. 
aber die Politik von Venizelos würde uns sofort die Gefahr der vollständigen 
Vernichtung bringen. Welche Politik besser ist, haben wir heute nicht zu 
untersuchen. Ich halte es auch für unerlaubt, Venizelos darin zu folgen, 
daß ich über die Stellung und Person des Königs rede, aber darüber muß 
ich sprechen, ob die dem Könige zustehenden politischen Rechte der Ver- 
fassung entsprechend gehandhabt worden sind. Venizelos gibt zu, daß der 
König berechtigt war, im letzten Winter das Ministerium Venizelos zu ent- 
lassen und die Kammer aufzulösen, behauptet aber, daß das Volk durch die 
Neuwahlen über die dauernde Richtung der Politik entschieden habe. Ueder 
die jetzt vorliegende politische Frage hat das Volk aber nicht abgestimmt. 
Der König hat das volle Recht, die Kammer jetzt nochmals aufzulösen, 
wenn er der Ansicht ist, daß das Volk die Ansicht der Kammermehrheit 
nicht billige und seine Ansicht infolge der neuen Lage geändert habe. Unsere 
Verpflichtung Serbien gegenüber ist eine andere geworden, weil Serbien 
die 150000 Mann nicht stellen konnte, die es nach unserem Vertrage stellen 
mußte. Venizelos hat zwar den Verband ersucht, dieses Heer selbst an Stelle 
Serbiens zu senden, aber bis jetzt sind die 150 000 noch nicht angekommen. 
Als der neue Zwist zwischen Venizelos und dem Könige kam und eine neue 
Regierung gebildet wurde, hatte Venizelos genug Gelegenheit, die ihm ver- 
derblich scheinende Politik zu verhindern. Er hat es für richtig gehalten, sie 
sogar zu unterstützen. Eine weitere Diskussion ist überflüssig. Die Kammer 
hat zwischen unserer Politik und der von Venizelos zu entscheiden. Sie 
kennt beide. 
Minister Rallis: Wenn die Verfassung mißachtet wurde, so trägt 
allein Venizelos die Schuld, weil er die von uns der Kammer dargelegte 
Politik geduldet und nicht die Vertrauensfrage gestellt hat. Jetzt will er 
die Regierung und auch die Krone demütigen. Unsere Politik ist die der 
bewaffneten Neutralität, durch die das Land gerettet wird. Er legt dann 
dar, daß Venizelos, der früher selbst W arien vergrößern wollte durch 
Abtretungen, hen eine bulgarische Gefayr sieht und deshalb das Land in 
einen Krieg gegen drei Kaiserreiche stürzen will. Der König ist der Ordner 
unserer Politik, jede seiner Handlungen entsprach der Verfassung. Wir 
kennen unsere Verantwortung. Wir stellen jest die Vertrauensfrage. 
Minister Theotokis spricht in ähnlichem Sinne: inbesondere betont 
er. daß die Ereignisse die frühere Politik des Königs und des Ministeriums 
zunaris gerechtfertigt hätten, während die Politik von Venizelos zur voll- 
tändigen Katastrophe geführt haben würde. Durh den Rückiritt von Beni- 
Js im Februar ist Griechenland zum ersten, jetzt zum zweiten Male ge- 
eile: vborden:. 
wsachdem der Abg Dimitrakopulos, der Führer einer kleinen Partei. 
erklärt hat, weshalb er der Reuierung sein Vertrauen aussprechen wird. 
antwortet eniizelos: Wenn wir im Februar die Neutralität verlassen 
I#tten mürdel. dies wahrscheinlich auch Rumämen und Bulgarien geton 
(u#ben, un /mir würden dann gegen ein kleines Lpfer einen großen Zuwachs 
1l um „, und einen wichtigen Teil von Maiedonten Doiran) erbalten 
h. AAnserdenm würde durch Wir deranfrichlung des Balkanbundes Bu-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.