Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Griechenland. (November 30.— Dezember 14.) 1239 
30. Nov. Laut „Times“-Meldung erklärt die griechische Regierung 
in Beantwortung der Note vom 27., die die Forderung des Vier- 
verbandes enthält, die griechischen Truppen aus dem von den Alliierten 
besetzten Gebiete zurückzuziehen, daß sie dies für unausführbar hält, 
weil dadurch andere Schwierigkeiten entstehen würden. 
Es wird auf Einsetzung eines Ausschusses von Sachverstän- 
digen gedrungen. 
30. Nov. Die Regierung hat vom Vierverbande einen Vorschuß 
von 10 Millionen auf die vor dem Kriege in Paris abgeschlossene 
Anleihe von 500 Millionen Franken erhalten. 
Von griechischer Seite wird dazu mitgeteilt: Sie ist vom Verbande an- 
geboten worden, gleichsam als Miete für Mazedonien. Vermutlich hat der 
Verband die im Verhältnis zu unseren jetzigen Ausgaben kleine Anleihe 
auch deshalb, ohne von uns gebeten zu sein, angeboten, weil er erfahren 
hatte, daß Deutschland sein früheres Angebot einer großen Anleihe vor 
einem Monate erneuert hatte. Es sind tatsächlich 500 Millionen, und zwar 
ohne jede politische Verpflichtung, uns von deutscher Seite angeboten worden. 
Die griechische Regierung hätte ein solches Angebot unseres Erachtens mit 
Mut annehmen sollen. Denn unsere Feinde sind nicht mehr die von Norden 
kommenden Völker, sondern diejenigen, die griechischen Boden besetzt haben 
und ihre Feinde auf griechischem Boden erwarten. Es ist bedauerlich, daß 
die griechische Regierung von diesen friedlichen Eroberern Mazedoniens 
das Geld angenommen hat. 
3. Dez. Eine neue Note der Vierverbandsmächte führt zu 
mündlichen Verhandlungen zwischen den Generalen Sarrail und 
Pallis, die in Saloniki geführt werden sollen. 
Die Gesandten der Vierverbandsmächte in Athen überreichen dem 
Ministerpräsidenten Skuludis eine neue Note. Darin wird die Neutralität 
Griechenlands auch fernerhin anerkannt, gleichzeitig wird aber die Rege- 
lung verschiedener für die Sicherung und Bewegungsfreiheit der Verbands- 
truppen in Mazedonien angeblich unerläßlicher Maßregeln gefordert. Als 
solche werden bezeichnet: 1. Zurückziehung aller griechischen Truppen aus 
Saloniki und Umgebung. 2. Das alleinige Verfügungerecht über Eisen- 
bahnen und Straßen im ganzen Gebiet, das durch eine Linie begrenzt wird, 
die östlich von Saloniki bis Monastir verläuft. 3. Das Recht, Saloniki 
und die Halbinsel Chalkidike zu befestigen. 4. Uebertragung der Seepolizei in 
einigen griechischen Häfen, darunter im Piräens. Besonders unterstrichen 
wird das Versprechen der unverkürzten Rückgabe des für die Operationen 
benutzten griechischen Gebiets und eines Schadenersatzes. 
Da Griechenland diese Forderungen sofort ablehnt, wird in einer aber- 
maligen Note vorgeschlagen, einen griechischen Militärausschuß und einen 
Ausschuß der Verbündeten nach Saloniki zu entsenden, die an Ort und 
Stelle verhandeln sollen. Drauf geht Griechenland ein, und die weiteren 
Verhandlungen finden nun in Saloniki zwischen den Generalen Sarrail 
und Pallis statt. 
14. Dez. Die Gesandten des Vierverbandes verständigen den 
Ministerpräsidenten Skuludis von der Aufhebung der wirt- 
schaftlichen Maßnahmen gegen Griechenland.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.