Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

754 Großbritannien. (April 20.) 
im Maschinenbau geschehen sei, durch Kommissionen gemeinsam zu dem 
Ziele hinwirken, die Herstellung der Kriegsvorräte zu vermehren. 
20. April. (Unterhaus.) Lloyd George spricht sich gegen die 
allgemeine Wehrpflicht und über die Notwendigkeit einer ge- 
steigerten Munitionserzeugung aus. Anfrage über die Ver- 
handlungen zwischen China und Japan. 
Lloyd George erklärt, die Regierung sei nicht der Ansicht, daß der 
Krieg mit mehr Erfolg geführt werden würde, wenn die allgemeine 
Wehrpflicht eingeführt würde. Lord Kitchener sei sehr zufrieden mit dem 
Erfolg, den der Aufruf an die Freiwilligen gehabt habe. Nach nun acht 
Kriegsmonaten habe England eine Armee, die sechsmal größer sei als die 
frühere, zum erstenmal eine Armee nach kontinentalem Maßstab. Die große 
Ueberraschung des Krieges sei der Bedarf an Artillerie und Munition. 
In den vierzehntägigen Kämpfen bei Neuve Chapelle habe die englische 
Artillerie fast ebensoviel Munition verbraucht wie im ganzen Burenkriege. 
Ferner habe eine große Veränderung im Charakter der Munition statt- 
gefunden. Die High Explosives hätten die Schrapnells verdrängt. Daher 
sei eine Aenderung der ganzen Maschinerie und die Herstellung neuer 
Munition mitten im Kriege notwendig geworden. Auch die anderen krieg- 
führenden Nationen hätten diese Erfahrung gemacht. Die deutschen Ge- 
schosse seien schlechter als zu Beginn des Krieges. Die Regierung habe zu- 
erst nach französischem Vorbilde eine Regelung nach der Art geplant, daß 
die Waffenfabriken mit anderen Firmen Unterverträge machten. Die Her- 
stellung von Munition für Artillerie sei gestiegen. Wenn man die Pro- 
duktion für September mit 20 ansetze, so habe sie im Oktober 90, im 
Dezember 256, im Januar 186, im Februar 256 und im März 3838 er- 
reicht, sei also seit September auf das Neunzehnfache gestiegen. Aber die 
Methode der Unterverträge genüge nicht mehr für die kommenden Wochen. 
Ein neues Komitee des Kriegsamts wolle neue Werke für die Herstellung 
von Munition einrichten. Die Produktion der High Explosives stehe jetzt 
so, daß die Engländer trotz großer Lieferungen an die Verbündeten aller 
Sorgen enthoben seien. Lloyd George wendet sich dann der Arbeiter- 
frage zu. Die Trinkfrage betreffend hält er frühere Aeußerungen aufrecht 
und betont, daß er von einer Minderheit, aber einer wichtigen Minderheit 
der Arbeiter gesprochen habe. Die Regeln und Gewohnheiten der Gewerk- 
schaften dürften kein Hindernis für die Herstellung von Munition bilden. 
Bonar Law erklärt sich durch die Ausführungen Lloyd Georges 
befriedigt, dagegen kritisiert er die Langsamkeit des Entschlusses der Re- 
gierung, die Nation zu mobilisieren. 
Grey erwidert auf neue Anfragen über die Verhandlungen zwischen 
China und Japan, er sei nicht in der Lage, Erklärungen über diese Ver- 
handlungen zwischen zwei anderen Mächten abzugeben. Die chinesische Politik 
der britischen Regierung werde fortgesetzt durch den mit Japan bestehenden 
Vertrag bestimmt. Dieser bezwecke die Erhaltung der gemeinschaftlichen 
Interessen aller Mächte in China durch Sicherung der Unabhängigkeit und 
der Integrität der chinesischen Republik und betone den Grundsatz gleicher 
kommerzieller und industrieller Rechte aller Nationen in China. Die britische 
Regierung stehe in beständigem Verkehr mit ihren Vertretern in Japan 
und China sowie den kommerziellen Körperschaften daheim und im fernen 
Osten, die an den Verhandlungen interessiert seien. Das Haus möge sicher 
sein, daß die Regierung nach wie vor sich bemühe, die offene Tür für den 
britischen Handel in ganz China zu sichern.
	        
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